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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Griechenland

Geschrieben am 09-05-2016

Bielefeld (ots) - Auch sechs Jahre nach Beginn der
Staatsschuldenkrise in Griechenland hat sich das Bild nicht geändert:
Die hellenischen Abgeordneten warten bis zur letzten Minute, ehe sie
dann doch gegenüber den Forderungen der Geldgeber einknicken.
Unmittelbar nach dem Beschluss bleiben die Pläne jedoch liegen - man
entzieht sich. Und die Geldgeber reagieren seit sechs Jahren immer
auf die gleiche Weise, von der man erfahren hat, dass sie zumindest
voller Fehler steckt. Auch jetzt nagelt man Athen wieder auf ein
Wachstumsziel von 3,5 Prozent im Jahr 2018 fest, dem alles andere
untergeordnet wird. Das mag statistisch richtig sein, weil man zur
Berechnung der Schuldentragfähigkeit Daten braucht. Aber man könnte
wissen, wie flüchtig solche Ziele sind. Es müssen nur die Belastungen
durch die Flüchtlinge steigen, wenn die Türkei als Partner ausfallen
sollte und nichts stimmt mehr. Wie übrigens in den zurückliegenden
Jahren auch. Es stimmt ja: Die Regierung Alexis Tsipras hat alles
Vertrauen innerhalb weniger Monate verspielt. Und nun braucht man
drakonische Zwangsinstrument, um Athen zu disziplinieren. Aber der
Weg über Auflagen erscheint zweifelhaft, weil er gegen die Athener
Führung läuft, anstatt sie stärker in die Verantwortung und Haftung
zunehmen - und damit vielleicht auch dem griechischen Volk das Gefühl
zu geben, dass sie ihr Schicksal selbst in der Hand haben. Natürlich
ist Mitgefühl keine politische Kategorie, vor allem nicht, wenn es um
die Einhaltung von Verträgen geht. Tsipras hat Dinge unterschrieben,
weil er glaubte, er könne sie umgehen. Bisher gelingt ihm das, um
seine Koalition über die Runden zu bringen. Er gibt Brüssel, was die
Geldgeber haben wollen. Und er setzt die Realisierung der
Parlamentsbeschlüsse aus, um das Volk zu beruhigen. Das ist keine
Lösung. Weder eine für die Euro-Partner noch für die Griechen. Das
jetzt geplante »Sparpaket auf Vorrat«, das automatisch in Kraft
treten soll, wenn Wachstumsziele nicht erreicht werden, mag ein
verständliches Instrument aus Sicht der europäischen Institutionen
sein. Für die Griechen ist es Schikane. Was folgt, ist das Pokern
der Experten. Die werden einen Bericht über ausgebliebene Reformen
vorlegen, die Eurogruppe zeigt sich verärgert, Athen bessert nach
und schiebt erneut alles auf die lange Bank. Aus diesem unsinnigen
Zirkel wird man aussteigen müssen, um das zu tun, was jeder Therapeut
bei seinen Klienten tut: die Selbstheilungskräfte stärken. Dafür
aber braucht es einen griechischen Premier, der mehr zu wagen bereit
ist, als Tsipras das bisher tut. Er muss Reformen angehen, in Kraft
setzen und gestalten. Denn das ist sei Defizit: Er ist zu sehr
damit beschäftigt, sein politisches Überleben zu organisieren und die
Eurogruppe zufriedenzustellen. Nichts bräuchten seine Landsleute
mehr als eine klare, verlässliche und wirkungsvolle Führung.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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