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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Kurdenkonflikt

Geschrieben am 18-02-2016

Bielefeld (ots) - Sind die zwei Bombenanschläge in der Türkei
innerhalb von zwölf Stunden nur Chaos oder schon Bürgerkrieg? Der
furchtbare Tod von drei Dutzend Soldaten ist vor allem Ausdruck der
extremen Verworrenheit des Syrienkonflikts. Wer auch immer
dahintersteckt, er hat das Anrainerland noch ein Stück näher an den
Krieg gerückt.

Gute Kräfte, böse Mächte: Die einfachen Erklärungen haben
ausgedient. Weder geht es in Syrien allein um die Frontstellung
Arabischer Frühling gegen Diktator Baschar al-Assad. Noch kämpfen
regionale und internationale Mächte allein gegen die Kopf-ab-Horden
des Islamischen Staates. Der seit Jahrzehnten anhaltende
kurdisch-türkische Terror macht die Sache besonders kompliziert. Hier
kommt die Verantwortung der Türkei ins Spiel, die diesmal eindeutig
Opfer ist. Das Gespann Recep Tayyip Erdogan und Ahmed Davutoglu hat
im Juli 2015 den Bruch des Waffenstillstands mit den Kurden
hingenommen und führt im Südosten Krieg gegen PKK-Kämpfer, die
getrost Terroristen genannt werden dürfen. Zugleich werden
hunderttausende Zivilisten in der Region Diyarbakir mit monatelangen
Ausgangssperren und massiver Polizeigewalt drangsaliert.

Allein diese Verhältnisse würden reichen, um Radikale zu den
jüngsten Attentaten von Ankara, dem ungeklärten Anschlag mit 103
Toten bei einer Demonstration im Oktober ebenfalls in der Hauptstadt
und dem Mord an elf Deutschen vor einem Monat in Istanbul zu treiben.
Nun herrscht aber nicht Friede jenseits der türkischen Grenze.

Stattdessen haben kurdische Milizen auf syrischem Boden einen
breiten Streifen entlang der Südtürkei als Keimzelle ihres neuen
Staates unter Kontrolle gebracht. Gestern hat Salih Muslim,
inoffizieller Sprecher dieser Milizen, geschworen, die YPG genannten
Volksschutzeinheiten hätten noch nie auf türkischem Staatsgebiet
zugeschlagen. Der Mann muss sich den Rücken freihalten, deshalb
dürfte das sogar stimmen.

Der Schwur gilt aber nur bis zu dem Tag, an dem auf syrischem
Boden die Waffen schweigen. Dann könnten sich die nach Süden
orientierten Kämpfer um 180 Grad drehen und mit ihren vielen neuen
Waffen den türkischen Südosten ins Visier nehmen. Aus
nationaltürkischer Sicht zeigt der Tod der Soldaten am Mittwoch und
am Donnerstag den USA und auch Deutschland, dass die kurdische
Landnahme in Syrien - und im Nordirak - ein Hindernis für Frieden in
der gesamten Region ist.

Insofern nutzen die Attentate dem wutschnaubenden Erdogan sogar.
Tatsächlich stehen die syrischen Kurden unter dem Schutz Assads und
Russlands. Allein das verhindert bislang, dass Erdogan seine
Bodentruppen über die Grenze nach Süden vorrücken lässt. Fazit: Eine
überzeugende Erklärung für die jüngsten Bombenschläge gibt es genauso
wenig wie einen brauchbaren Friedensplan für Syrien.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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