(Registrieren)

Allg. Zeitung Mainz: Krieg und Frieden / Friedrich Roeingh zum Terror gegen Europa

Geschrieben am 15-11-2015

Mainz (ots) - "Ihr kriegt uns nicht." Wir brauchen diese trotzige
Selbstvergewisserung, um uns vor dem monströsen Terror von Paris zu
schützen. Dazu passt der Wappenspruch der französischen Hauptstadt:
"Fluctuat nec mergitur - sie wankt, aber sie fällt nicht." Dieser
über 650 Jahre alte Leitspruch der alten Hansestadt - mit einem
Handelsschiff im Wappen - mag uns vor Augen führen, aus welcher
Geschichte Europa seine Kraft zieht. Und er mag uns vor Augen führen,
dass der islamistische Terror - trotz seiner abscheulichen
Einzigartigkeit - nicht die erste und nicht die letzte Bedrohung
unseres Friedens und unserer Freiheit ist.

Der IS agiert mit strategischem Kalkül

Das erste, was wir den Opfern von Paris schuldig sind, ist Trauer.
Unser Zorn, unsere Wut, unsere Angst drohen diese Anteilnahme zu
überdecken. Wenn wir der Trauer keinen Gedanken mehr widmen, hätten
die Terroristen ihr erstes Ziel erreicht. "Wir weinen mit Ihnen", hat
die Bundeskanzlerin gesagt. Nehmen wir uns die Zeit dafür. Sie ist
mehr wert als jedes exhibitionistische Bekenntnis der Anteilnahme
über unsere Profilfotos in den Sozialen Medien. Aber natürlich
ersetzt die Einkehr nach einem solchen Schlag nicht Analyse und
Handeln. Dieser Freitag, der 13. reicht weit über Madrid und London
hinaus, er reicht auch über das Massaker gegen Charlie Hebdo und die
jüdische Community in Paris im Januar dieses Jahres hinaus. Es geht
nicht mehr allein um die asymmetrische Kriegsführung einer
Untergrundorganisation wie Al Kaida oder um die Racheakte
verblendeter Schläfer. Der sogenannte Islamische Staat, der sich im
Irak, in Syrien und in Libyen anschickt, jegliche staatliche Ordnung
in der arabischen Welt wegzureißen, dieser IS verlagert seinen Krieg
in das Kampfgebiet Europa - mit taktischer Raffinesse und
strategischem Kalkül. Nach dem Anschlag auf die Meinungsfreiheit sind
die Exekutionskommandos in den Pariser Restaurants und Cafés ein
Anschlag auf unsere Lebensart. Und die Selbstmordattentate am Stade
de France, die zum Glück nicht die beabsichtigte Massenpanik
ausgelöst haben, zielten in ihrer Symbolik wohl nicht nur auf
Frankreich, sondern auch auf Deutschland.

Ignoranz zählt nicht zu unseren Werten

Die Kriegserklärung ist unübersehbar. Doch Hass und Zorn dürfen
nicht darüber entscheiden, wie wir diese Erklärung annehmen. Nach dem
11. September sind Unordnung und Unheil in der Welt verstärkt worden,
nicht nur durch die falsche Kriegserklärung gegen den Irak. Wir haben
in unserer westlichen Egozentrik übersehen, dass wir nicht allein die
Angegriffenen sind. Der Krieg der Dschihadisten richtet sich ebenso
gegen die überwältigende Mehrheit der Muslime. So wie wir übersehen
haben, dass unsere Weigerung, den Syrien-Flüchtlingen zu helfen,
diese millionenfach nach Europa hat aufbrechen lassen. Einen Tag vor
Paris hat der IS zwei Bomben in Beirut gezündet. Die 43 Toten und 240
Verletzten waren nicht nur dieser Zeitung nur wenige Zeile wert. Ja,
wir müssen unsere Werte verteidigen. Ignoranz aber gehört nicht dazu.
Ja, wir müssen den Krieg gegen den IS verstärken - vielleicht sogar
mit deutscher Beteiligung. Genauso unnachgiebig müssen wir an einer
Friedenslösung für Syrien arbeiten, müssen mit Russland sprechen und
gemeinsam mit den USA die sunnitischen Fundamentalisten in Riad an
die Kandare nehmen. Gewiss aber dürfen wir unsere Angst nicht gegen
die Flüchtlinge richten, die Schutz bei uns suchen - was
Sicherheitsverschärfungen und verlässliche Registrierung nicht
ausschließt. Wer den Kampf gegen den IS als einen Kampf gegen Muslime
führt, tritt selbst unsere Werte mit Füßen. Und er wird am Ende auch
keinen Frieden finden.



Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Andreas Trapp
Newsmanager
Telefon: 06131/485872
online@vrm.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

579667

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Die Welt nach den Anschlägen von Paris Herausforderung für die Demokratie Thomas Seim Bielefeld (ots) - Wir werden nicht vor dem Terrorismus kapitulieren. Wir werden das nicht tun, weil wir Freiheit leben und lieben. So etwa sagte es der ostwestfälische Unternehmer und Schalke-Aufsichtsrat Clemens Tönnies auf Schalke. Es ging - nur - um ein Abschiedsspiel für den Schalke-Star Gerald Asamoah. Aber die Botschaften durchzuckten ganz Deutschland. Die Mehrheit der Deutschen versammelte sich in Solidarität zu Frankreich und in dem festen Willen, sich nicht vom Terror beherrschen zu lassen. Das ist eine erfreuliche Reaktion mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu den Anschlägen von Paris Stuttgart (ots) - Wenn CSU-Chef Horst Seehofer nach den Pariser Anschlägen fordert, dass Deutschland wieder wissen muss, wer hierherkommt und was er macht; wenn danach gerufen wird, bei der Einreise die Regeln des Gesetzes nicht länger zu ignorieren, dann ist das nicht nur legitim, sondern ein Akt staatlicher Verantwortlichkeit. Die Anschläge von Paris sind ein Anschlag auf uns alle. Sie fordern deshalb nach einer Zeit der Trauer neben Augenmaß von allen Ehrlichkeit. Wer den Terror besiegen will, muss genau hinschauen. mehr...

  • Rheinische Post: Der Feind lauert im eigenen Haus Düsseldorf (ots) - von Matthias Beermann Noch sind die Untersuchungen zum Ablauf der Anschläge von Paris nicht abgeschlossen, aber es steht bereits fest, dass auch diesmal - wie schon bei den Attentaten im Januar - Franzosen an dem Blutbad beteiligt waren. "Hausgemachte Terroristen" heißt das im Jargon der Spezialisten: Täter, die im Land geboren wurden, dort zur Schule gegangen sind, manchmal sogar eine Familie gegründet haben. Und die dann trotzdem in den Extremismus abgleiten und eine Fünfte Kolonne bilden. Frankreich hat mehr...

  • Thüringische Landeszeitung: Ohne Weitsicht - Klimawandel zwingt Menschen zur Flucht / Kommentar von Matthias Benkenstein zu den Ergebnissen des G20-Gipfels hinsichtlich des Klimawandels Weimar (ots) - Die Ergebnisse des G20-Gipfels in Sachen Klimawandel sind mehr als ernüchternd. Das Thema sei eine der "größten Herausforderungen unserer Zeit", die "energisches und kollektives Handeln" erfordere, stellen die Staats- und Regierungschefs fest. Das ist nicht viel mehr als heiße Luft. Schließlich ist das schon seit Jahren bekannt. Und neue Zusagen beim Klimaschutz oder zu einem Ende der Subventionen für fossile Energien wurden beim Gipfel nicht gemacht. Gut, Terror und Flüchtlinge sind die Themen der Stunde. Aber man mehr...

  • Thüringische Landeszeitung: Werte verteidigen - Attentat ist ein Anschlag auf die Freiheit / Leitartikel von Jan-Henrik Wiebe zum IS-Terror und unseren Werten Weimar (ots) - Die Terroristen von Paris wollten unsere Freiheit treffen. Mit ihrem geschlossenen Weltbild hatten sie es auf den Sport, die westliche Musik und Bars abgesehen - Dinge die es im "Islamischen Staat" nicht gibt. Nun ist es an der Zeit, unsere offene Gesellschaft zu verteidigen. Dabei sollte behutsam vorgegangen werden, denn eine Einschränkung der Freiheit wäre auch ein weiterer Gewinn für die Islamisten. Sie wollen unsere Gesellschaft - so wie wir sie heute kennen - zerstören. Diesen Gefallen sollten wir ihnen nicht mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht