Mittelbayerische Zeitung: Alles nur halb so schlimm / In Rom geht die Welternährungskonferenz zu Ende: Der gute Wille ist da, mehr aber auch nicht. Leitartikel von Pascal Durain
Geschrieben am 21-11-2014 |   
 
 Regensburg (ots) - So ein Dokument muss gut aussehen, es muss sich 
schön lesen, und darf nicht diejenigen, die es unterzeichnen,  
schlecht aussehen lassen - das dauert schon mal sechs Jahre: Das ist  
die Abschlusserklärung aus Rom zur Welternährungskonferenz. Einer  
dreitägigen Veranstaltung, bei der viel Wichtiges endlich laut  
ausgesprochen wurde - es aber an Tatendrang mangelt. Und das vor den  
Augen von 800 Millionen Menschen, die hungern und leiden, obwohl wir  
in eier Welt des Überflusses leben. Oder wie Papst Franziskus es vor  
der UN-Konferenz anprangerte: "Es gibt genug Nahrung für alle, aber  
nicht alle können essen." Die Lebensmittelindustrie agiert global -  
ohne Frage ist Ernährung ein hochkomplexes Thema, es ist richtig,  
dass eine Erklärung abgegeben worden ist und auch die Qualität der  
Nahrung in den Mittelpunkt gerückt ist. Doch die Konferenz machte  
deutlich: Dem Menschenrecht auf Nahrung fehlt es nach wie vor an  
Geltung. Von Mittwoch bis Freitag fand nach 1992 in der italienischen 
Hauptstadt die zweite Welternährungskonferenz statt. Schon am ersten  
Tag verabschiedeten die Delegierten aus mehr als 170  
Teilnehmerstaaten ihre Erklärung, mit der sie 2016 das "Jahrzehnt der 
Ernährung" ausrufen wollen - die das Recht jedes Menschen auf Zugang  
zu ausreichendem und gesundem Essen festschreibt. Die Staatenlenker  
fordern sich in dem Papier gegenseitig auf, Mangelernährung in all  
ihren Formen zu bekämpfen - und dazu gehört auch Fettleibigkeit. Bis  
zum nächsten Treffen in Rom soll der Hunger in der Welt halbiert  
sein. 400 Millionen Hungerleidende sind ja auch nur halb so  
schlimm... Dabei erklärte José Graziano, Generaldirektor der  
UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO: "Wir haben das  
Wissen, die Expertise und die Ressourcen, um alle Formen der  
Mangelernährung zu besiegen." Doch schon jetzt ist klar, dass die  
Konferenz mit ihren Zielen scheitern wird. Und zwar nicht, weil die  
Bevölkerung weiter steigen wird und täglich tausende Hektar Land  
unfruchtbar werden, sondern weil den warmen Worten die  
Entschlossenheit fehlt, tatsächlich eines der drängendsten Probleme  
dieser Zeit zu lösen. Der Aktionsplan nennt nur "Empfehlungen", die  
weder verpflichtend noch ausreichend überprüfbar sind, geschweige  
denn die Ursachen angeht: Wenige multinationale Konzerne, die den  
Markt und den Preis bestimmen und Ressourcen zerstören,  
Handelsabkommen, die zwar profitabel, aber verheerend für Erzeuger  
sind, Gentechnik, kaum gesetzliche Schranken - all das bleibt außen  
vor, maßgebliche Akteure werden nicht in die Pflicht genommen. Der  
Handel hat Vorrang. Nahrungsmittel bleiben Spekulationsobjekte, die  
Preisschwankungen und einem weltweiten Wettbewerb unterworfen sind.  
Die Europäische Union wird weiter Milliarden für die Subvention ihrer 
Böden ausgeben, während ihre von Billigpreisen verwöhnten Bewohner  
jährlich Nahrung im Wert von 100 Milliarden Euro wegwerfen - das wäre 
eigentlich genügend, damit niemand mehr hungern müsste. Aber es  
bleibt im theoretischen Konjunktiv so lange unser Konsum keine  
Grenzen kennt. Es ist nicht leicht in diesem globalen System nur  
einen einzigen Schuldigen zu identifizieren: All jene Mechanismen  
haben Menschen zu verantworten, sie können diese auch brechen. Aber  
gerade deswegen braucht es mehr mündige Verbraucher und Erzeuger, die 
sich diesem Kreislauf verweigern. Preis und Produktivität dürfen  
nicht die bestimmende Komponente sein, wenn es um das geht, was wir  
zu uns nehmen - oder worauf man lieber verzichtet. Ernährung ist  
heutzutage nicht nur das Bedürfnis, satt zu werden - es heißt auch,  
Verantwortung zu übernehmen. 
 
 
 
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