NOZ: Interview mit Herfried Münkler, Politologe und Erfolgsautor
Geschrieben am 08-11-2014 |   
 
 Osnabrück (ots) - Münkler: Zum Mauerfall führte eher der Wunsch  
nach Wohlstand als fehlende Freiheit 
 
   Wissenschaftler sieht "verheerende Wirkung" politischer  
Entscheidungen nach der Wende - Aber innere Einheit im Kern gelungen 
 
   Osnabrück.- Mit unbequemen Analysen blickt der Politologe Herfried 
Münkler auf den 25. Jahrestag des Mauerfalls. In einem Interview mit  
der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) wies der Erfolgsautor ("Der 
Große Krieg", "Die Deutschen und ihre Mythen") jetzt darauf hin, dass 
die Wende eher auf dem Streben nach Wohlstand als nach Freiheit  
beruhte. "Zum Zusammenbruch des Regimes der DDR hat geführt, dass das 
Freiheitsbegehren einer kleinen, fast avantgardistisch agierenden  
Gruppe und das Wohlstandsbegehren einer großen Mehrheit  
zusammengekommen sind", sagte der Professor der Berliner  
Humboldt-Universität. "Aus der Sicht der herrschenden Eliten hat das  
Wohlstandsbegehren womöglich den größeren Druck entfaltet. Das  
Freiheitsbegehren wäre noch zu unterdrücken gewesen, aber die  
Eigenständigkeit der DDR wäre nur aufrecht zu halten gewesen, wenn  
das Regime der DDR den Wohlstand der Bevölkerung um 20 bis 30 Prozent 
gesenkt hätte. Das war einfach nicht durchzusetzen." 
 
   Münkler führte aus, dass viele Ostdeutsche "durch vierzig Jahre  
DDR und davor noch einmal zwölf Jahre Nationalsozialismus entwöhnt  
worden sind, Initiative und Verantwortung zu entwickeln". Dieser  
Effekt wirke bis heute, wenn er auch nachlasse. Eine weitere soziale  
Folge zeige sich durch die Abwanderung. Vor allem besser gebildete  
Frauen seien wegen beruflicher Perspektiven in den Westen gezogen.  
"Es ist eine andere Frage, ob sie im Süden und Südwesten Deutschlands 
glücklich geworden sind. In der Regel haben Sie dort nicht geheiratet 
und keine Kinder bekommen", hat Münkler beobachtet. Im Nordosten  
seien derweil "frustrierte junge Männer zurückgeblieben, die eine  
starke Neigung nach Rechts haben, teilweise zu fremdenfeindlichen und 
rassistischen Gruppierungen. Bei diesen Männern muss nicht von  
vornherein rechtsradikales Gedankengut vorhanden gewesen sein. Aber  
sie fühlen sich zurückgelassen und alleingelassen. Das ist auch nicht 
mehr reparabel", führte der Spezialist für politische Ideengeschichte 
aus. 
 
   Gleichwohl ist die innere Einheit Deutschlands für Münkler  
weitgehend gegeben. Das relativ geringe politische Interesse sieht er 
als nicht dramatisch an: "Die Wahlbeteiligung in den neuen  
Bundesländern liegt höher als in den USA." Und wenn der Umtauschkurs  
zwischen der Mark der DDR und der D-Mark wegen seiner Höhe auch zu  
einer folgenschweren Deindustrialisierung des Ostens geführt habe,  
sei "schwer zu sagen, wie das anders hätte organisiert werden können, 
ohne eine Völkerwanderung Richtung Westen auszulösen". Inzwischen  
hätten sich viele politische Maßnahmen nach der Wende als richtig  
herausgestellt. "Die unmittelbare Wirkung auf das Leben der Menschen  
war allerdings verheerend", schloss Münkler. 
 
   Münkler: Deutschland ist neue Zentralmacht Europas 
 
   "Politische Geografie hat sich verändert" - Humboldt-Professor  
fordert Verständnis für Russland 
 
   Osnabrück.- Der Politologe und Erfolgsautor Herfried Münkler ("Der 
Große Krieg", "Die Deutschen und ihre Mythen") hat zu mehr  
Verständnis für die gegenwärtige russischen Politik aufgerufen. In  
einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag)  
erklärte der Wissenschaftler mit Blick auf den 100. Jahrestag des  
Ausbruchs des Ersten Weltkriegs in diesem Jahr, "wenn wir uns daran  
erinnern, dass die Wiener Politik 1914 durch Niedergangsängste und  
die Berliner Politik durch Einkreisungsängste geprägt war und dass  
das zu heiklen Reaktionen geführt hat, dann müssten wir in der Lage  
sein zu begreifen, dass auch die russische Politik heute durch  
Niedergangs- und Einkreisungsängste geprägt ist." Vor diesem  
Hintergrund "können wir vielleicht ein wenig geschickter und  
flexibler gegenüber Putin und der politischen und militärischen Elite 
in Russland reagieren", sagte der Professor der Berliner  
Humboldt-Universität. 
 
   Der Spezialist für politische Ideengeschichte rechnet mit einer  
weiter erstarkenden Rolle der Bundesrepublik: "Die Deutschen sind mit 
ihrer zentralen Lage in der Mitte Europas politisch gefordert."  
Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier  
und Ursula von der Leyen als Verteidigungsministerin hätten diesen  
Rollenwandel in diesem Frühjahr bei der Münchener Sicherheitspolitik  
lanciert. "Dieses Thema wird die deutsche Politik in den nächsten  
Jahren stark beschäftigen", sagte Münkler voraus. "Mit der Eurokrise  
ist sichtbar geworden, welch ungeheures Gewicht und damit welch große 
politische Macht Deutschland in der Mitte Europas hat." Dadurch habe  
sich die politische Geografie verändert. "Heute hat Deutschland die  
Aufgabe, das verfasste Europa zusammenzuhalten und zu verhindern,  
dass Nord- und Südeuropa auseinanderdriften. Die neue Aufgabe der  
Bundesrepublik ist die Integration. Damit ist Deutschland die neue  
Zentralmacht Europas." 
 
 
 
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