Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Ohnmacht von EU und NATO in der Ukrainekrise
Das Ende der Gewissheiten
Knut Pries, Brüssel
Geschrieben am 29-08-2014 |   
 
 Bielefeld (ots) - Wer in diesen Tagen mit NATO-Verantwortlichen  
und Brüsseler Diplomaten spricht, erlebt Leute, deren professionelles 
Selbstvertrauen erschüttert ist. "Welt im Umbruch", "Zeitenwende",  
"Wir wissen nicht, wohin die Reise geht" - Vokabeln der  
Fassungslosigkeit sind im Umlauf. Vermeintliche Gewissheiten sind  
dahin, Hoffnungen zerbröseln. Zwar rankt sich die eine oder andere  
Spekulation um den Zeitpunkt, zu dem die NATO bekanntgab, sie habe  
nun handfeste Beweise für den Einmarsch regulärer Truppen in die  
Ostukraine. Aber ob nun politisches Kalkül beim Timing eine Rolle  
gespielt hat oder nicht - auf den Befund selbst hätten alle gern  
verzichtet. Angesichts des rücksichtslosen Vorgehens von Wladimir  
Putin herrscht eine Mischung aus Schock, Ratlosigkeit und  
Restentschlossenheit, in irgendeiner Form dagegenzuhalten. Wie viel  
Härte angesagt ist, bleibt umstritten. Die rabiate Gangart des  
Kreml-Herrschers ist nicht ohne Vorlauf. Im Februar 2007 schockierte  
er die Teilnehmer der Münchner Sicherheitskonferenz mit einer  
Brandrede gegen die Herrschaftsansprüche des Westens. 2007 stieg  
Moskau aus dem KSE-Vertrag über konventionelle Rüstung aus. Und ein  
Jahr später rollten Panzer nach Georgien, um dem kleinen Nachbarn zu  
verdeutlichen, dass er seine Landesteile Südossetien und Abchasien  
endgültig abschreiben könne. Das hielt bei den Osteuropäern die  
Skepsis gegenüber dem "Partner" Russland und Putin-Verstehern in  
Berlin wach. Aber wie radikal der vormalige KGB-Mann dann alle  
Rücksicht fahren ließ, hat auch in den NATO-Frontstaaten - Polen und  
Baltikum - überrascht. Die NATO steht nun vor der Frage, ob sie die  
vertraglichen Grundlagen für erledigt erklären soll, auf die sich die 
Partnerschaft mit Moskau bislang gründet. Eine Mehrheit der  
Verbündeten, darunter die USA, Großbritannien und Deutschland, ist  
dafür, die "Grundakte" (1997) und die "Rom-Erklärung" (2002) weiter  
zu respektieren, um den Rückweg zum gedeihlichen Miteinander nicht zu 
versperren. Konkret hieße das: In den früheren Ostblockstaaten  
stationiert die Allianz keine "dauerhaften substanziellen  
Kampftruppen". Der NATO-Gipfel nächste Woche in Wales würde sich auf  
Beschlüsse beschränken, unterhalb dieser Grenze die Präsenz zu  
verstärken: durch zusätzliche "Rotationskräfte", den Ausbau von  
Hauptquartieren und mittels erhöhter Bereitschaft der Eingreiftruppe  
NRF (Stationierung binnen zwei bis fünf Tagen). Die Frontstaaten,  
dazu Kanada (Wohnland von zwei Millionen Ukrainern) und Rumänien  
wollen mehr: die Aufkündigung der Verträge. Nach bisherigem Stand  
dürfte sich der gemäßigtere Kurs durchsetzen. Aber sicher ist das  
nicht - es hänge davon ab, wie sich die Lage im Krieg um die  
Ostukraine entwickelt, heißt es. Das gilt auch für die EU, die sich  
heute zum Sondergipfel trifft. Wenn die Tatbestandsermittlung  
"rus-sische Invasion" ergibt, werden Angela Merkel und ihre  
EU-Kollegen die neuerliche Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau  
beschließen. Nur eines kommt weiterhin nicht in Frage: der Einsatz  
militärischer Mittel zugunsten von Kiew. Zugleich macht man sich in  
der NATO nichts vor: Militärisch hat die Ukraine, falls Putin Ernst  
macht, nicht den Hauch einer Chance. Das ist die brutale Wahrheit  
hinter der Standardbeteuerung der westlichen Politik, der Konflikt  
könne "nur politisch gelöst" werden: Wenn Wladimir Putin die  
politischen und wirtschaftlichen Kosten nicht scheut, kann er ihn  
sehr wohl mit Gewalt zu seinen Gunsten entscheiden. Verantwortliche,  
die sicher sind, dass er davor zurückschreckt, sind in Brüssel kaum  
mehr aufzutreiben. 
 
 
 
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