(Registrieren)

WAZ: Sanktionen sind der falsche Weg. Kommentar von Ulrich Reitz

Geschrieben am 03-03-2014

Essen (ots) - So verständlich die Empörung über Russlands
Kanonenbootpolitik auch ist - westliche Sanktionen wären der falsche
Weg. Auch der Versuch, Russland jetzt international zu isolieren, ist
falsch. Anstatt den nächsten G-8-Gipfel mit Russland in Sotschi
auszusetzen, hätte der Westen auf einen sofortigen Gipfel dringen
müssen. Wer Putin isolieren will, nimmt sich selbst die letzten
Einflussmöglichkeiten und spielt dem aggressiven Kreml-Zaren in die
Karten. Handel vor Flagge - gerade das Ruhrgebiet ist mit dieser
Devise gut gefahren. Die Beziehungen hiesiger Firmen der
Energiewirtschaft zu dem russischen Energie-Giganten Gazprom sind eng
und traditionsreich. Will man diese Bindungen gefährden? Und zu
welchem Zweck? Wie die Wirtschaft, der Handel helfen kann, verfahrene
diplomatische Situationen aufzubrechen, hat Ende der Fünfzigerjahre
niemand Geringerer als Berthold Beitz vorgeführt. 1958 reiste er nach
Polen und in die Sowjetunion, traf sich dort, mitten im Kalten Krieg,
mit Moskaus Chruschtschow und legte sich dafür sogar mit dem
damaligen Bundeskanzler Adenauer an, musste sich von diesem mangelnde
patriotische Verlässlichkeit vorhalten lassen. Beitz war mit seiner
ungewöhnlichen Wirtschaftsdiplomatie der Eisbrecher für die spätere
Ostpolitik Mitte bis Ende der Sechziger- und zu Beginn der
Siebzigerjahre. Dabei machte Beitz sich keine Illusionen über den
totalitären Charakter seiner Gesprächspartner Ost, er wusste aber,
dass Dialog und ein Netz von wirtschaftlichen Interessen in
zubetonierter Zeit mehr bewirken können als das Beharren auf
prinzipiellen Positionen. Das gilt erst recht, wenn man, wie Europa,
energiepolitisch erpressbar ist. Die Amerikaner haben hier leicht
reden, sie brauchen kein Gas von anderswo her, sie haben Fracking.
Und die Ukraine hat von den USA wenig Hilfe zu erwarten, die Krim ist
ihr keinen Soldaten wert. Zudem folgt die US-Außenpolitik, darin der
russischen vergleichbar, vor allem eigenen strategischen Interessen.
Zur deutschen Rolle in Europa und der Welt passen Sanktionen nicht.
Wir sollten Vermittler sein, nicht Scharfmacher.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

514926

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Immunität reformieren = Von Gregor Mayntz Düsseldorf (ots) - Hätten die Staatsanwälte den Behauptungen und Beschuldigungen gegen Christian Wulff in aller Stille nachgehen können, ohne spektakulär die Aufhebung seiner Immunität beantragen zu müssen, wären sie wohl nie unter einen derart gewaltigen Rechtfertigungszwang geraten und hätten vielleicht nie eine Anklage erhoben. In diesem Szenario steckt viel "hätte", "wenn" und "aber". Denn die Dinge sind im Fall Wulff kompliziert. Doch klar ist, dass das Immunitätsrecht die Politiker im 19. Jahrhundert schützen sollte und ihnen mehr...

  • Rheinische Post: Die Nato greift nicht ein = Von Godehard Uhlemann Düsseldorf (ots) - Die Nato wird in den Konflikt in der Ukraine militärisch nicht eingreifen. Das Land ist kein Bündnismitglied. Eine Beistandspflicht lässt sich daher auch nicht aus dem Nato-Vertrag ableiten. Kein Nato-Land wird daher Soldaten schicken. Das heißt aber nicht, dass es vor allem auf der Krim nicht doch zu kriegerischen Aktionen kommen kann. Russland ist den Ukrainern militärisch überlegen. Moralisch sieht das anders aus. Moskau sollte auf politisch-diplomatische Entspannung setzen und nicht vollendete Tatsachen schaffen. mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Mitgliederschwund beim ADAC Reform dringend geboten MATTHIAS BUNGEROTH Bielefeld (ots) - Der Skandal um manipulierte Zahlen bei der Wahl des Lieblingsautos der Deutschen hinterlässt beim ADAC tiefere Spuren als zunächst gedacht. Der mit knapp 19 Millionen Mitgliedern zweitgrößte Automobilclub der Welt verlor nach eigenen Angaben insgesamt rund 200.000 Mitglieder durch die Turbulenzen. Anfang Februar hatte der ADAC noch eine Zahl von 15.000 Kündigungen vermeldet. Wie tief der Ärger bei vielen Mitgliedern wirklich ist, zeigt dieser Vergleich: Im gesamten Jahr 2013 kehrten dem Automobilclub rund 490.000 mehr...

  • Rheinische Post: Ukraine-Streit: Gefahr für die Wirtschaft Von Georg Winters Düsseldorf (ots) - Über eines sollten sich die Protagonisten im neuen Konflikt zwischen West und Ost klar sein: Ökonomisch leisten kann sich eine Eskalation niemand. Die im Westen nicht, weil sie zum Beispiel nicht dauerhaft auf die Energie aus dem Osten verzichten können, die im Osten nicht, weil ihnen ohne Investoren aus dem Westen die Grundlage für Wachstum fehlt, das den Bürgern auf Jahrzehnte steigenden Wohlstand verspricht. Denn Wohlstand ist eine wirksame Beruhigungspille für das Volk - auch dort, wo es politisch gärt. Das mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Schon wieder eine neue Trasse durch OWL geplant Proteste programmiert HUBERTUS GÄRTNER Bielefeld (ots) - Jahrzehntelang wurde über den Bau der Autobahn 33 gestritten. Noch ist dieses Projekt nicht fertig, da kommt es schon wieder knüppeldick. Der Netzbetreiber Tennet plant vom Norden bis in den Süden der Republik eine gigantische Stromtrasse, die auch durch das Weserbergland führen soll. Und der Düngemittelkonzern Kali + Salz legt Zeichnungen für eine Nordseepipeline vor. Drei von vier Trassenvarianten führen dabei mitten durch OWL. Zwar soll die Salzlauge im Gegensatz zum Strom unter und nicht über der Erde fließen. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht