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EU-Kommission: Zwölf Fragen und Antworten zur Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänen und Bulgaren ab 1. Januar 2014

Geschrieben am 30-12-2013

Berlin (ots) - Vom 1. Januar 2014 an gilt auch für Rumänien und
Bulgarien die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Angesichts
der laufenden Debatte um die befürchtete Einwanderung in die hiesigen
Sozialsysteme hat die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland die
wichtigsten Fakten zur Freizügigkeit aufbereitet.

1. Welche Rechte habe ich als EU-Bürger, wenn ich in ein anderes
EU-Land gehe?

Alle EU-Bürger haben durch die EU-Verträge das Recht auf
Freizügigkeit. Dazu gehört auch das Recht, in einem anderen
Mitgliedstaat Arbeit zu suchen.

In den ersten drei Monaten darf sich jeder EU-Bürger ohne
Vorbedingungen in einem anderen EU-Land aufhalten.

Nach den ersten drei Monaten gelten je nach Status unterschiedliche
Bedingungen:

- Arbeitnehmer und Selbständige sowie ihre direkten
Familienangehörigen haben ein Recht auf Aufenthalt, das keinen
Bedingungen unterliegt.

- Arbeitsuchende haben - ohne Bedingungen - sechs Monate oder sogar
länger ein Recht auf Aufenthalt, wenn sie im EU-Aufnahmeland weiter
nach einer Beschäftigung suchen und eine "begründete Aussicht" auf
Arbeit haben. Arbeitsuchende können während der Arbeitsuche in einem
anderen Mitgliedstaat mindestens drei Monate lang
Arbeitslosenunterstützung von ihrem Herkunftsmitgliedstaat erhalten,
wenn sie dort zuvor als arbeitslos registriert wurden.

- Studierende und andere Nichterwerbstätige (z. B. Arbeitslose,
Rentner) haben länger als drei Monate ein Recht auf Aufenthalt, wenn
sie für sich selbst und ihre Familie über genügend finanzielle
Eigenmittel verfügen, so dass sie für das Sozialsystem des
EU-Aufnahmelandes keine Belastung darstellen, und eine
Krankenversicherung haben.

Nach fünfjährigem ununterbrochenem rechtmäßigem Aufenthalt
erwerben EU-Bürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf
Daueraufenthalt.

2. Welche Rechte gelten im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit?

EU-Arbeitnehmer haben seit den 1960er Jahren das Recht, in einem
anderen Mitgliedstaat zu arbeiten. Damit wurde jede
Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit in Bezug auf
Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen
abgeschafft. Diese Rechte wurden durch weitere Rechtsvorschriften
spezifiziert. Gleiche Rechte haben EU-Arbeitnehmer auch bei sozialen
und steuerlichen Vergünstigungen und beim Zugang zu Aus- und
Weiterbildung, Wohnraum und Bildung für Kinder.

3. Welche Vorteile bringt die Arbeitnehmerfreizügigkeit?

Von der Freizügigkeit der Arbeitnehmer profitieren auch die
Wirtschaftssysteme der Mitgliedstaaten, da ein Mangel an
qualifizierten Arbeitskräften schneller ausgeglichen werden kann. Das
hilft auch deutschen Unternehmen angesichts von Fachkräftemangel und
alternder Bevölkerung. In der EU sind derzeit zwei Millionen offene
Stellen nicht besetzt.

4. Die Freizügigkeit abschaffen oder einschränken - was denken die
Bürger?

Eurobarometer-Umfragen zeigen, dass 56 Prozent der EU-Bürger die
Freizügigkeit für die größte Errungenschaft der Europäischen Union
halten. In Deutschland sind es 66 Prozent.

5. Wie viele Menschen leben in einem anderen EU-Land?

Über 14 Millionen EU-Bürger leben in einem anderen Mitgliedstaat.

6. Wie wirkt sich die Arbeitnehmermobilität auf die Systeme der
sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten aus?

Die überwältigende Mehrheit der EU-Bürger, die in ein anderes EU
Land ziehen, wollen dort eine Arbeit aufnehmen. Ihre
Beschäftigungsquote (68 Prozent) ist daher im Durchschnitt höher als
die der ansässigen Bevölkerung (65 Prozent). In den meisten
Mitgliedstaaten tragen mobile EU-Bürger als Nettozahler zum
Sozialsystem des Aufnahmemitgliedstaats bei - sie zahlen mehr an
Steuern und Sozialbeiträgen, als sie im Gegenzug an Leistungen
erhalten. Nicht erwerbstätige mobile EU-Bürger machen nur einen
geringen Prozentsatz der Empfänger von Sozialrenten, Beihilfen zur
Invalidität und zur Arbeitssuche aus. Die finanziellen Auswirkungen
auf die nationalen Sozialhaushalte sind daher gering. In Deutschland
waren 2012 nur 4,2 Prozent der Arbeitssuchenden, die Sozialleistungen
erhielten, mobile EU-Bürger.

7. Wer hat nach EU-Recht Anspruch auf Sozialhilfe in einem anderen
Mitgliedsland?

Das EU-Recht sagt ganz klar: Es gibt ein Recht auf Freizügigkeit,
aber kein Recht auf Einwanderung in die nationalen Sozialsysteme.
Freizügigkeit heißt nicht, frei Sozialleistungen zu beziehen. Laut
EU-Recht haben nur arbeitende EU-Bürger Recht auf Sozialleistungen.

8. Welche Schutzvorkehrungen für den Erhalt von Sozialhilfe gelten
für nicht erwerbstätige EU-Bürger?

Grundsätzlich gilt: Um Sozialhilfe zu erhalten, muss man als
EU-Bürger entweder arbeiten oder seinen dauerhaften Aufenthaltsort in
dem jeweiligen Mitgliedsstaat haben. In den ersten drei Monaten ist
das EU-Aufnahmeland nach EU-Recht nicht verpflichtet, nicht
erwerbstätigen EU-Bürgern Sozialhilfe zu gewähren.

Für den Zeitraum ab drei Monaten bis zu fünf Jahren gilt: Nicht
erwerbstätige EU-Bürger dürften in der Praxis kaum einen Anspruch auf
Sozialhilfeleistungen haben, da sie, bevor ihnen das Recht auf
Aufenthalt zuerkannt wurde, gegenüber den nationalen Behörden
nachweisen mussten, dass sie über genügend finanzielle Eigenmittel
verfügen.

Auch für den Fall, dass sich ihre wirtschaftliche Situation
anschließend verschlechtert, gelten nach EU-Recht weitere
Schutzmaßnahmen für den Erhalt von Sozialhilfeleistungen. Gelangen
die Behörden auf der Grundlage einer Einzelfallbeurteilung zu dem
Schluss, dass die betreffenden Personen aufgrund des Antrags auf
Sozialhilfe zu einer unverhältnismäßigen Belastung geworden sind,
können sie für diese das Recht auf Aufenthalt aufheben.

Nach fünf Jahren können EU-Bürger genauso wie Staatsangehörige des
EU-Aufnahmelandes Sozialhilfe beantragen. Nach EU-Recht sind hierbei
keine Ausnahmeregelungen zulässig.

9. Wer hat Anspruch auf Leistungen der sozialen Sicherheit?

Für nicht erwerbstätige EU-Bürger gilt: Nach den EU-Vorschriften
ist der Wohnmitgliedstaat nur dann für den Sozialversicherungsschutz
zuständig, wenn die betreffenden Personen einen strengen Test zur
Feststellung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes durchlaufen haben, der
den Nachweis darüber erbringt, dass sie eine echte Verbindung zu dem
fraglichen Mitgliedstaat haben.

10. Mit welchen EU-Rechtsinstrumenten können die Mitgliedstaaten
Missbrauch verhindern?

Die EU-Länder können Maßnahmen erlassen, um die
Freizügigkeitsrechte im Falle von Rechtsmissbrauch oder Betrug - wie
Scheinehen oder gefälschte Dokumente - zu verweigern, aufzuheben oder
zu widerrufen. Die nationalen Behörden können Einzelfälle
untersuchen, wenn sie einen begründeten Verdacht auf Missbrauch
haben. Wenn sie zu dem Schluss gelangen, dass tatsächlich Missbrauch
vorliegt, können sie das Recht der Person auf Aufenthalt widerrufen
und sie ausweisen.

11. Warum gewährten deutsche Gerichte EU-Ausländern Ansprüche auf
Hartz IV?

Deutsche Urteile, die EU-Ausländern ohne Aufenthaltsrecht
Ansprüche auf Hartz IV geben, basieren allein auf deutschem Recht.
Solche Fälle könnten durch die nationalen Behörden verhindert werden
durch eine klare Anwendung der Regeln der Freizügigkeitsrichtlinie,
die Ausweisung/Wiedereinreisesperren im Fall von Missbrauch des
Freizügigkeitsrechts vorsehen.

12. Warum hilft die EU den deutschen Kommunen nicht, die unter
Armutsmigranten leiden?

Die EU-Kommission steht bereit, Deutschland und andere zu beraten,
wie die Finanzmittel aus dem Europäischen Sozialfonds genutzt werden
können, um betroffene Kommunen zu unterstützen. Städte und Kommunen
können finanzielle Unterstützung aus dem Programm anfordern, um
soziale Probleme, die von einem größeren Zuzug von Bürgern aus
anderen EU-Ländern herrühren, zu bewältigen.

Am 11. Februar 2014 lädt die Kommission eine Reihe von
Bürgermeistern nach Brüssel ein, um sicherzustellen, dass das Geld,
das im EU-Haushalt zur Unterstützung der Integration dort ankommt, wo
es gebraucht wird: in den Kommunen.

Weitere Informationen: http://europa.eu/!cy48qQ



Pressekontakt:
Europäische Kommission, Vertretung in Deutschland
Pressestelle
Telefon 030-2280 2250


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