Börsen-Zeitung: Panik im Eurotower, Kommentar zur überraschenden Leitzinssenkung der EZB, von Stephan Lorz
Geschrieben am 07-11-2013 |   
 
 Frankfurt (ots) - Die jüngsten Inflationsdaten aus dem Euroraum  
müssen die Notenbanker im Eurotower regelrecht in Panik versetzt  
haben. Im Oktober meldeten die Statistiker ein erneutes Absinken der  
Jahresinflationsrate im Währungsraum. Diesmal wurde mit 0,7% sogar  
die 1-Prozent- Schwelle unterschritten. Angst vor "japanischen  
Verhältnissen" machte sich breit - eine Periode immer weiter  
zurückgehender Inflation, welche die Konsum- und  
Investitionsbereitschaft sukzessive dämpft und in eine Phase  
wirtschaftlicher Depression und Deflation mündet. Auch wenn EZB-Chef  
Mario Draghi derlei Vergleiche von sich weist und lieber von einer  
"längeren Phase niedriger Inflationsraten" spricht, die  
Deflationsangst ist spürbar. 
 
   Um über die nächsten Wochen nicht noch weitere Ängste aufkommen zu 
lassen und wegen der Marktreaktionen nicht unter Handlungszwang zu  
geraten, entschied eine Mehrheit im EZB-Rat, mit der Zinssenkung auf  
0,25% schon jetzt ein Zeichen gegen deflatorische Prozesse zu setzen. 
Die Marktteilnehmer waren überrascht, war es doch bisher üblich,  
zunächst weitere Daten abzuwarten, statt sich von einem bestimmten  
Monatswert - womöglich einem Ausrutscher - leiten zu lassen. 
 
   Die Zinssenkung dürfte nicht dazu beitragen, die Probleme im  
Währungsraum zu lösen. Denn nach wie vor ist der Transmissionskanal  
der Geldpolitik verstopft. Die Unternehmen in den Krisenländern  
kommen nicht wegen zu hoher Zinsen nicht an Kredite, sondern weil  
ihre Zukunftsaussichten eher düster sind und die kreditgebenden  
Banken mit eigenen Problemen zu kämpfen haben. Insofern ist die  
Zinssenkung nur als "Signal" zu verstehen, weshalb Draghi ja  
ergänzend noch auf die unorthodoxen Pfeile im Köcher der Geldpolitik  
verwiesen hat. 
 
   Und in den gesunden Bereichen der Euro-Wirtschaft wirkt das  
Zinssignal in die falsche Richtung: Durch das Billiggeld steigt die  
Gefahr von neuen Kreditblasen, von Fehlsteuerungen in den  
Volkswirtschaften durch verzerrte Anreizstrukturen ganz zu schweigen. 
Statt die jüngsten konjunkturellen Hoffnungszeichen in der Eurozone  
zur Kenntnis zu nehmen und die Entwicklung zunächst abzuwarten, kann  
die Überreaktion jetzt sogar dazu beitragen, dass Investoren und  
Konsumenten ihre Entscheidungen erst recht weiter hinauszögern.  
Insofern könnte Draghi mit dem jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht  
zu erwartenden Zinsschritt gerade jene sich selbst erfüllende  
Prophezeiung erst heraufbeschworen haben, deren Eintreten er damit  
eigentlich hatte vermeiden wollen. 
 
   (Börsen-Zeitung, 8.11.2013) 
 
 
 
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