(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Moody's & Co.

Geschrieben am 24-07-2012

Bielefeld (ots) - Moody's bewertet die Aussichten für Deutschlands
Kreditwürdigkeit schlechter. Überraschen kann das eigentlich nicht.
Die Entscheidung folgt der Logik der bisherigen Notenfindung durch
Moody's & Co. Infolgedessen ist schon jetzt auch programmiert, dass
die Bestnote AAA in vermutlich sechs Monaten oder sogar früher fallen
wird. Schließich kann, wer die Kreditwürdigkeit Griechenlands,
Irlands und Portugals herabgestuft hat, nicht daran vorbei gehen,
dass die EU diesen Ländern Hilfen in Höhe von insgesamt 223,3
Milliarden Euro zugesagt hat. 138,3 Milliarden sind bereits geflossen
- größtenteils natürlich kreditfinanziert. Hinzu kommen die ebenfalls
schon zugesagten Hilfen für spanische Banken und vermutlich noch
Zahlungen an Italien. Deutschland ist jedes Mal mit etwa 28 Prozent
dabei. Soweit ausschließlich Zahlen entscheiden, ist Moody's also im
Recht. Problem: Die Grundannahme stimmt nicht. Der frühere
Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen hat eher untertrieben, als er
bereits vor etwa 30 Jahren feststellte: »50 Prozent der Wirtschaft
sind Psychologie.« Wirtschaft sei eine Veranstaltung von Menschen,
nicht von Computern. Die Nichtberücksichtigung dieses Faktors ist ein
Handicap, unter dem auch viele Ratings für Unternehmen leiden. Die
Stärke eines Betriebs, seine Kreativität und Innovationskraft, aber
auch die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter und die innere Stärke
sind Indikatoren, die sich nicht wirklich mathematisch erfassen
lassen. Um so mehr gilt das für ganze Volkswirtschaften. Ratings
geben vor, auf die Zukunft ausgerichtet zu sein. Sie beziehen sich
aber allein auf Daten aus der Vergangenheit. Deshalb kommt ihre
Bewertung von Staaten fast immer zu spät. Humbug ist es, anzunehmen,
Philipp Röslers Griechenland-kritische Äußerungen am Sonntag hätten
dazu geführt, dass die US-Agentur zwei Tage später das Rating
verändert habe. Richtig aber ist, dass - gerade unter dem Aspekt,
dass 50 Prozent der Wirtschaft Psychologie sind - Äußerungen wie die
des Bundeswirtschaftsministers das Vertrauen in Deutschland
verringern. Auf diesem Hintergrund nötigt der Kurs der
Bundeskanzlerin Respekt ab - auch wenn Angela Merkel auf dem letzten
Europa-Gipfel heftiger Gegenwind ins Gesicht blies. Politiker können
ihre Entscheidungen nicht am Urteil von Ratingagenturen ausrichten.
Diese konzentrieren sich allein auf das eine Thema: Kreditwürdigkeit.
Sie bewerten weder die Grundlagen der Entscheidung, noch
interessieren sie sich dafür, welche Folgen ein anderer Beschluss
nach sich gezogen hätte. Die Gütersloher Bertelsmann Stiftung hat
schon vor einiger Zeit damit begonnen, Unterstützer für eine
unabhängige Ratingagentur zu gewinnen. Sie soll ausschließlich die
Kreditwürdigkeit von Staaten bewerten. Nie war sie so wichtig wie
heute. Daher ist es gut, dass zahlreiche Politiker in Berlin und
Brüssel bereits ihre Unterstützung zugesagt haben.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

408254

weitere Artikel:
  • Badische Neueste Nachrichten: Eine Frechheit Karlsruhe (ots) - Auch Ratingagenturen können irren. Als die Finanzkrise schon am Horizont zu sehen war, haben sie viele vergiftete Hypothekenpapiere in den USA noch mit ihren Bestnoten geadelt. Und selbst jetzt, da Europa verzweifelt versucht, Griechenland, Spanien und vielleicht auch noch Italien zu retten, blendet eine Agentur aus durchsichtigen Motiven alle politischen Anstrengungen zur Stabilisierung der Euro-Zone aus und verliert sich stattdessen in Eventualitäten. Den Ausblick für Deutschland auf "negativ" zu korrigieren, mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Ratingagentur droht Deutschland Nachdenken statt kritisieren SABINE BRENDEL, BRÜSSEL Bielefeld (ots) - Es wäre zu einfach, die Ratingagentur Moody's zu verdammen, weil sie Deutschlands Spitzen-Kreditwürdigkeit nun kritischer sieht. Denn schließlich zählt Moody's nur auf, woran es bei der Euro-Rettung hapert. Und wo Risiken für Deutschland sowie die anderen Euro-Retter schlummern. Neues ist nicht dabei. Trotzdem sollten die Politiker in Deutschland und Europa den Bericht der Ratingexperten lesen. Und gut über die Kritik an ihrem Krisenkampf nachdenken. Da die Europäer auf die Krise "stets rückwirkend und abwägend" mehr...

  • WAZ: Ein Warnruf für Berlin. Leitartikel von Walter Bau Essen (ots) - Stürzt ein Staat, reißt er den nächsten mit - in die Pleite. Die Angst vor diesem fatalen Domino-Effekt geht in Europa um, seit sich die griechische Malaise zu einer Krise auswuchs, die den gesamten Euroraum bedroht. Und nun gerät sogar der Euro-Riese Deutschland ins Visier der Rating-Agenturen. Der skeptische Ausblick der Agentur Moody's scheint die Sorgen nun zu bestätigen: Wenn sogar Deutschland und Luxemburg Probleme mit der Bonität drohen, ist die Gemeinschaftswährung insgesamt in Gefahr. Ein Warnruf, der in Berlin mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Behandlung des Prostatakrebses Lebensmut gehört dazu PETER STUCKHARD Bielefeld (ots) - Daten für Taten", so lautete der Wahlspruch des früheren GEK-Chefs Dieter Hebel, der der Erfinder der Studien ist, mit denen heute die fusionierte Barmer-GEK weiterhin an die Öffentlichkeit tritt. Arzneimittelreport, Krankenhausreport und Co. haben schon mehr als einmal eine Lichtung in das unübersichtliche Gestrüpp der medizinischen Versorgung in Deutschland geschlagen. Die Diagnose lautete oft genug: Fehlversorgung oder Überversorgung. Über die Motive der Barmer-GEK sollte man sich keiner Illusion hingeben. Jede mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Zwei Jahre nach der Loveparade-Katastrophe Viel zu tun SANDRA SPIEKER Bielefeld (ots) - Der 24. Juli 2010 veränderte alles. Bis heute ist nicht abschließend geklärt, wie es zu der Loveparade-Katastrophe kommen konnte. Auf tragische Art und Weise haben die Ereignisse das Thema Sicherheit bei Großveranstaltungen ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Jetzt, zwei Jahre nach dem Unglück, bleibt der Eindruck, dass zwar die richtigen Lehren gezogen wurden, es aber immer noch viel zu tun gibt. Da ist zum einen die Spaßgesellschaft, die nach immer mehr Superlativen lechzt, nach dem immer größeren Kick. Großveranstaltungen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht