(Registrieren)

"DER STANDARD"-Kommentar: "Enttarnter Budget-Schwindel" von Andreas Schnauder

Geschrieben am 25-03-2012

Die Finanztransaktionssteuer ist nur eine von vielen wankenden
Haushaltssäulen - Ausgabe vom 26.3.2012

Wien (ots) - Beim Budgetbeschluss diese Woche ist für Häme
gesorgt. Die Regierung lässt sich von ihren Abgeordneten ein
Sparpaket abnicken, das bereits vor der Abstimmung ziemlich zerfetzt
ist. Jüngster Irrläufer: Die Finanztransaktionssteuer wird nun vom
wichtigsten Verbündeten Berlin ad acta gelegt. Deutschlands
Finanzminister Wolfgang Schäuble hat seine Hoffnungen einer zumindest
für die ganze Eurozone geltenden "Tobin Tax" wegen des großen
Widerstands - nicht nur aus Großbritannien - begraben.
Damit sind die 1,5 Milliarden Euro, die Maria Fekter bis 2016 aus der
Abgabe hereinspielen will, endgültig zum Luftschloss verkommen. Es
wäre aber zu einfach, den drohenden Ausfall mit dem Schwenk Schäubles
zu begründen. Erstens spricht der CDU-Mann wegen der Barrieren schon
länger von einem drohenden Fleckerlteppich bei der
Finanztransaktionssteuer, den er nicht für sinnvoll erachtet.
Zweitens ist auch innerhalb der Eurozone die Skepsis weit größer als
von Befürwortern gerne dargestellt. Die Niederlande, Luxemburg,
Finnland, Malta und auch Italien haben mehr oder weniger große
Bedenken, sollte die Abgabe nicht zumindest EU-weit eingeführt
werden.
Mario Monti sollte es wissen: Der italienische Regierungschef hat
immerhin bei James Tobin, der 1972 das Konzept der nach ihm benannten
Steuer entwickelt hat, studiert. Mit dem Abwandern von
Finanztransaktionen verflüchtigen sich ja nicht nur irgendwelche
bösen Spekulationsgeschäfte: Die Verlagerung würde auch die
Eigenkapitalzufuhr der Unternehmen durch internationale Investoren
deutlich erschweren, weshalb die Betriebe noch stärker auf die
Kreditvergabe der Banken angewiesen wären. Den Finanzinstituten wird
aber das Vergeben von Darlehen mit höheren Eigenmittelanforderungen
gerade ziemlich vergrault.
Ähnlich, nur noch schlimmer, sind die Auswirkungen der nun
angedachten Alternativen. Die Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer
zielt noch stärker auf die Diskriminierung von Aktien ab, während
sogenannte Spekulation taxfrei bleibt. Zudem steht zu befürchten,
dass die Steuersätze auf den Wertpapierhandel weit höher ausfallen,
weil Derivate und andere komplexere Produkte nicht erfasst werden.
Zweite Alternative ist eine europaweite Bankensteuer, die an und für
sich sinnvoll wäre. Österreich sollte aber nicht den Fehler begehen
und sich neuerlich hohe Einnahmen daraus erwarten. Mit der schon
existierenden Abgabe liegt das Land nämlich jetzt schon am oberen
Rand in Europa.
Die Regierung wäre gut beraten, das Aus für die
Finanztransaktionssteuer gleich als Anlass für eine Generalüberholung
des brüchigen Budgetgerüsts zu betrachten und auch die anderen
Fantasien zu begraben: Einnahmen aus dem erhofften Steuerabkommen mit
der Schweiz und aus der neuen Pensionskassenbesteuerung; Einsparungen
bei Gesundheit, Förderreform und Struktureffekte bei den Pensionen,
um nur einige der Wackelkandidaten anzusprechen. Mit Überschriften
werden nämlich keine Finanzen in Ordnung gebracht, wie erst dieser
Tage Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll bewies.
Spitalsflut und Schuldenberg sind für ihn bestens vereinbar, und von
"Theoretikern und Rechnungshofbeamten" lässt er sich "nichts
vorschreiben".
Derartige föderale Sickergruben gilt es schleunigst zu schließen. Mit
oder ohne Finanztransaktionssteuer.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

385897

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Medikamenteneinsatz bei Demenzkranken Ruhiggestellt DIRK MÜLLER Bielefeld (ots) - Was die eigentliche Arbeit mit den Heimbewohnern angehe, bleibe gerade genug Zeit für das "Oben rein und unten raus", schilderte mir ein Altenpfleger seinen Arbeitsalltag. Immer mehr Aufwand für Bürokratie und Dokumentation, immer stärkerer Druck zur Kostenreduzierung, immer weniger Zeit für den anvertrauten Menschen - manch engagierten Mitmenschen lässt die Realität in den Alten- und Pflegeeinrichtungen an seiner Arbeit verzweifeln. Dass hier Medikamente nicht nur zur Heilung von Krankheiten, sondern auch zur Profitsteigerung mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Erschießung eines 17-Jährigen in Florida Tödliches Schnellschuss-Gesetz DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON Bielefeld (ots) - Dreiste Ablenkungsmanöver sind in Amerika Standard, wenn von Politikern verantwortete Missstände so krass zutage treten, dass es wehtut. Der Versuch, die Erschießung eines 17-jährigen Schwarzen durch einen geltungssüchtigen weißen Bürgerwehr-Wachmann mit Kleidungsvorlieben zu erklären, zeigt, wie sehr das "Land der Freien" sich selbst verloren hat. Kein Kapuzenpulli hat Trayvon Martin getötet, sondern ein Schnellschuss-Gesetz, das jedem an jedem Ort die Lizenz zum legalen Töten an die Hand gibt, der sich irgendwie mehr...

  • WAZ: Wessi-Städte, Ossi-Städte - Leitartikel von Ulrich Reitz Essen (ots) - Eine SPD, die sich aufs Spalten verlegt statt aufs Versöhnen, ist zumindest mal eine neue Erfahrung. Keine gute. Wenn Ruhrgebietsstädte ihre schwierige Haushaltslage mit den Zahlungen an die Städte im Osten Deutschlands begründen, ist das nicht nur oberflächlich, wie dies Wolfgang Thierse seinen eigenen Parteifreunden bescheinigt hat, es ist auch falsch. Und instinktlos. Richtig wäre eine ernsthafte Diskussion über die hoch verschuldeten Städte. Richtig wäre, nachzudenken, wie sie von ihren Zinslasten herunter kommen, mehr...

  • WAZ: CDU hat gewagt und gewonnen - Kommentar von Christian Kerl Essen (ots) - Sie hat gewagt, gewonnen und der CDU einen Auftakt nach Maß im Superwahljahr beschert: CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte hoch gepokert, als sie mit Koalitionsbruch und Neuwahlen im Saarland riskierte, ihr Regierungsamt an die SPD zu verlieren. Jetzt ist sie, dank enttäuschter FDP-Wähler, mit einem überraschend klaren Sieg stärker als zuvor. Zu stark sogar, um wie geplant eine Große Koalition zu führen? Nein, der SPD droht nach diesem enttäuschenden Ergebnis nicht mal mehr die befürchtete Zerreißprobe, mehr...

  • Berliner Zeitung: Kommentar zu Renate Künasts schlechtem Ergebnis bei der Grünen-Landes-Parteirat Berlin (ots) - Auf Winfried Kretschmanns schwäbischen Flügeln hatte Künast Berlin erobern wollen - obwohl ein außergewöhnliches Thema wie "Stuttgart 21" fehlte und eben auch eine außerordentliche Persönlichkeit wie der heutige Landesvater. Zwei Sätze, fertig wäre die Selbstkritik. Nun ist Renate Künast fertig. Jedenfalls mit der ersten Reihe. Aber auch in der zweiten lässt sich's nützlich sein. Der ehemalige Kanzlerkandidat Wolfgang Schäuble hätte sicher ein paar Tipps. Pressekontakt: Berliner Zeitung Bettina Urbanski Telefon: mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht