(Registrieren)

WAZ: Wessi-Städte, Ossi-Städte - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 25-03-2012

Essen (ots) - Eine SPD, die sich aufs Spalten verlegt statt aufs
Versöhnen, ist zumindest mal eine neue Erfahrung. Keine gute. Wenn
Ruhrgebietsstädte ihre schwierige Haushaltslage mit den Zahlungen an
die Städte im Osten Deutschlands begründen, ist das nicht nur
oberflächlich, wie dies Wolfgang Thierse seinen eigenen
Parteifreunden bescheinigt hat, es ist auch falsch. Und instinktlos.
Richtig wäre eine ernsthafte Diskussion über die hoch verschuldeten
Städte. Richtig wäre, nachzudenken, wie sie von ihren Zinslasten
herunter kommen, die sie erdrücken. Richtig wäre, über die
Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden nachzudenken.
Und richtig wäre es, hier einen Neuanfang zu machen, weil der Bund
beschließt, was hinterher die Städte bezahlen sollen, aber nicht
bezahlen können. Eine seriöse Diskussion über all das ist natürlich
nicht sexy. Deshalb hat sich die NRW-Ministerpräsidentin entschieden,
aus dem sperrigen Thema einen Wahlkampfschlager zu machen. Im
Wahlkampf wird geholzt und die Wahrheit bleibt auf der Strecke. Der
Slogan, jetzt ist auch mal der Westen dran, hält der Wirklichkeit
nicht stand. Darauf haben ihre ostdeutschen Genossen Hannelore Kraft
und die Revier-Oberbürgermeister auch umgehend hingewiesen. Die
Kommunen im Osten erreichen nur 70 Prozent der Wirtschaftsleistung
von Revierstädten, und Essen ist immer noch weitaus besser dran als
Dresden oder Leipzig. Aus diesem Grund läuft auch die Parole, die
Wirtschaftsförderung nach Bedürftigkeit und nicht nach
Himmelsrichtung auszurichten, ins Leere. Vermutlich würde sich wenig
bis nichts ändern. Das Ganze ist ein durchsichtiges
Sündenbock-Manöver. An dem sich aus diesem Grund der SPD-Vorsitzende
nicht beteiligt. Ginge er in diese Falle, die SPD könnte gleich ihren
gesamtdeutschen Anspruch aufgeben. Schädlich ist die Debatte auch,
weil sie falsche Erwartungen weckt. Die Verteilung der Gelder
zwischen Ost und West ist im Solidarpakt II bis 2019 festgelegt.
Änderungen an dem komplexen Vertragswerk sind unrealistisch. Und
denjenigen, die einen Ruhr-Soli in die Debatte gebracht haben, muss
man sagen, dass es den schon gibt. Die Steinkohle-Subventionen laufen
bis 2018. Fazit: Diese Diskussion verträgt keinen Populismus, weil
sie so viel Spalter-Potenzial in sich trägt. Sie muss seriös geführt
werden. Joachim Gauck wäre als Staatsoberhaupt aus dem Osten der
richtige Moderator. Belehrungen aus dem Revier braucht er dafür
nicht.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

385900

weitere Artikel:
  • WAZ: CDU hat gewagt und gewonnen - Kommentar von Christian Kerl Essen (ots) - Sie hat gewagt, gewonnen und der CDU einen Auftakt nach Maß im Superwahljahr beschert: CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte hoch gepokert, als sie mit Koalitionsbruch und Neuwahlen im Saarland riskierte, ihr Regierungsamt an die SPD zu verlieren. Jetzt ist sie, dank enttäuschter FDP-Wähler, mit einem überraschend klaren Sieg stärker als zuvor. Zu stark sogar, um wie geplant eine Große Koalition zu führen? Nein, der SPD droht nach diesem enttäuschenden Ergebnis nicht mal mehr die befürchtete Zerreißprobe, mehr...

  • Berliner Zeitung: Kommentar zu Renate Künasts schlechtem Ergebnis bei der Grünen-Landes-Parteirat Berlin (ots) - Auf Winfried Kretschmanns schwäbischen Flügeln hatte Künast Berlin erobern wollen - obwohl ein außergewöhnliches Thema wie "Stuttgart 21" fehlte und eben auch eine außerordentliche Persönlichkeit wie der heutige Landesvater. Zwei Sätze, fertig wäre die Selbstkritik. Nun ist Renate Künast fertig. Jedenfalls mit der ersten Reihe. Aber auch in der zweiten lässt sich's nützlich sein. Der ehemalige Kanzlerkandidat Wolfgang Schäuble hätte sicher ein paar Tipps. Pressekontakt: Berliner Zeitung Bettina Urbanski Telefon: mehr...

  • Frankfurter Rundschau: Kommentar zur Saarland-Wahl Frankfurt (ots) - Die Saar-Union ist zwar weit von den Höhen entfernt, in die sie der als "junger Wilder" gestartete Peter Müller einmal geführt hatte. Doch immerhin hat seine Erbin Kramp-Karrenbauer es mit ihrer eher nüchternen, das Soziale betonenden Art geschafft, den latenten Überdruss nach zwölf Jahren CDU-Regierungszeit im Zaum zu halten. Sie konnte ihre Anhänger besser mobilisieren als die Konkurrenz. Nicht einmal die Affäre um den völlig überteuerten Museumsbau, in die sie verwickelt war, konnte der selbst ernannten Ober-Sparkommissarin mehr...

  • NRW-Trend: Gewinne für SPD und FDP, Verluste für CDU und Grüne/Mehrheit findet es nicht wichtig, dass Röttgen sich jetzt festlegt Köln (ots) - In der Sonntagsfrage des aktuellen NRW-Trends können SPD und FDP im Vergleich zu Mitte März zulegen, CDU und Grüne büßen hingegen Punkte ein. Die SPD kommt auf 40 Prozent (+2 im Vergleich zum 14.03., dem Tag der Auflösung des Landtags). Die CDU erreicht 32 Prozent (-2). Die Grünen liegen bei zwölf Prozent (-2). Die FDP kommt auf vier Prozent (+2), die Linke erreicht drei Prozent (-1). Die Piratenpartei kommt unverändert auf fünf Prozent. Rot-Grün hätte damit eine Mehrheit von 52 Prozent der Stimmen. Für diese Umfrage im mehr...

  • Neues Deutschland: neues deutschland zur Saar-Wahl: Drei Signale Berlin (ots) - Am Ergebnis der Saarland-Wahl sind drei Dinge von bundespolitischer Bedeutung: Die parlamentarische Resterampe der FDP hat in einem sechsten Bundesland ihre Filiale geschlossen. Die Piraten machen mit einem nun zweiten Beiboot weiter Beute. Und die LINKE kann wieder nach Luft schnappen. Die übrigen Resultate mögen für das Saarland mehr oder weniger von Interesse sein, für die politische Entwicklung im Bund sind sie unerheblich - es sei denn, die Sozialdemokraten kurierten doch noch ihre Anti-Links-Phobie. Das aber mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht