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DER STANDARD-Kommentar: "Hilfe für Ungarn mit Auflagen" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 10-01-2012

Die EU sollte Finanzspritzen nur gewähren, wenn Orbán Gesetze
zurücknimmt // Ausgabe vom 11.1.2012

Wien (ots) - Was in Ungarn passiert, trifft Österreich voll. Wenn
Ungarn in eine Staatspleite schlittert, wäre dies für die im
Nachbarland stark engagierten österreichischen Banken eine
Katastrophe - und damit für die ganze Republik. Auch andere
österreichische Unternehmen sind durch die ungarische Steuerpolitik
betroffen. Etwa durch die Sondersteuer zum Stopfen der Budgetlöcher,
mit der der Umsatz von Energie, Telekom und Einzelhandel gestaffelt
besteuert wird.
Schon jetzt sind die Folgen in Wien massiv zu spüren: So hat
Österreich zwar für seine Staatspapiere am Dienstag genügend Käufer
gefunden - trotz der Finanzprobleme Ungarns, wie die Chefin der
Bundesfinanzierungsagentur, Martha Oberndorfer, betonte. Der
Aufschlag war aber höher als zuletzt. Fitch erklärte am Dienstag,
Österreichs AAA-Rating sei aktuell nicht gefährdet, wenngleich von
der unsicheren Situation in Ungarn Risiken ausgingen.
Nach Einschätzung von Ökonomen könnte Ungarn im April zahlungsunfähig
werden, wenn der Internationale Währungsfonds (IWF) und die
Europäische Union nicht einspringen. Das Land war bereits 2008 mit
Krediten des IWF und der EU in Höhe von rund 20 Milliarden Euro vor
der Pleite bewahrt worden.
Die Finanzkrise bietet aber auch eine Chance, das Vorgehen von
Premier Viktor Orbán zu stoppen. Seit die nationalkonservative
_Fidesz im Mai 2010 einen furiosen Wahlsieg und die
Zweidrittelmehrheit im Parlament errungen hat, krempelt Orbán das
Land um: Per Gesetz wurde die Pressefreiheit im Land eingeschränkt;
private Rentenfonds wurden verstaatlicht; eine neue Verfassung wurde
in Kraft gesetzt - trotz des Protests auf ungarischen Straßen und in
geharnischten Briefen aus Brüssel und Washington. US-Außenministerin
Hillary Clinton schrieb in einem Brief an Orbán, dass sie in Sorge um
die Demokratie in Ungarn sei. Trotz _einer Warnung der EU-Kommission,
dass die Unabhängigkeit der Notenbank durch das neue Gesetz nicht
mehr gegeben sei und dies gegen EU-Recht verstoße, wurde die
Zugriffsmöglichkeit für die Regierung im Parlament verabschiedet.
Unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse scheint Ungarn aber
nachzugeben: Die letzte der drei großen _Ratingagenturen hat Ungarn
auf Ramschniveau herabgestuft, der Forint sackte auf ein historisches
Tief, die Regierung musste am Montag einräumen, dass das
Budgetdefizit um zehn Prozent höher ist, als bisher angenommen wurde.
Dass Außenminister János Martonyi nun in einem Brief an die
EU-Kommission ankündigt, Budapest sei bereit, jedes Gesetz zu
modifizieren, ist eine gute Nachricht.
Die EU hat bisher keine Handhabe gegen Mitgliedsstaaten, in denen
eine Regierung beginnt, die Demokratie auszuhöhlen. Das sind die
Nachwirkungen der sogenannten Sanktionen gegen die schwarz-blaue
Regierung in Österreich. Auch gegen Italiens Silvio Berlusconi ging
sie nicht vor.
Die EU ist aber nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine
Wertegemeinschaft. Es ist eine europäische Angelegenheit, wenn
Grundrechte und gemeinsame Werte in einem Mitgliedsstaat bedroht
sind. Deshalb sollte die Devise gelten: wirtschaftliche Hilfe nur,
wenn sich Ungarn an die in der EU geltenden Gesetze und die
demokratischen Spielregeln hält. Also eine Rücknahme der umstrittenen
Gesetze als Bedingung für Finanzspritzen der Staatengemeinschaft.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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