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"DER STANDARD"-Kommentar: "Wo das Böse lauert" von Michael Völker

Geschrieben am 02-01-2012

Trotz zahlreicher Anlässe ist Österreich in der
Korruptionsbekämpfung säumig - Ausgabe vom 3.12.2012

Wien (ots) - Die innenpolitischen Aufreger des vergangenen Jahres
- zumindest aus Sicht der Userinnen und User von derStandard.at -
waren Fälle, die man weitläufig mit Korruption beschreiben würde. Der
Kärntner FPK-Chef und Landesrat Uwe Scheuch wurde erstinstanzlich zu
18 Monaten Haft - sechs davon unbedingt - verurteilt, weil er für
seinen möglichen Einsatz bei der Beschaffung von Staatsbürgerschaften
eine Geldspende an die Partei als "no na part of the game"
vorausgesetzt hatte: Der Richter sah das Verbrechen der
Geschenkannahme durch Amtsträger als erwiesen an.
Der zweite Fall, der die Bürger und Medienkonsumenten besonders
bewegte und empörte, war die gezeigte Bereitschaft von Ernst
Strasser, damals noch Leiter der ÖVP-Delegation in Brüssel, gegen
Geld Gesetze zu beeinflussen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt mit
einigem Aufwand, eine Anklageerhebung scheint noch in Sicht.
Dann gab es noch diverse BZÖ- oder FPÖ-Minister, die im Verdacht
stehen, Geld oder Sachleistungen angenommen zu haben, ermittelt wird
gegen Herbert Scheibner, Hubert Gorbach, Mathias Reichhold und
natürlich gegen Karl-Heinz Grasser, dem nicht nur seine jugendliche
Schönheit vorgehalten wird: Die Begleitmusik des Buwog-Verkaufs ist
höchst aufklärungsbedürftig, die Geldverteilmaschine Telekom
eröffnete dem staunenden Publikum auch eine neue Dimension des
Politikmachens.
Nicht unerwähnt lassen sollte man auch den ÖVP-Abgeordneten Günter
Stummvoll, der es als Vorsitzender des parlamentarischen
Finanzausschusses für opportun hielt, auch die Funktion des
Aufsichtsratschefs in einem Glücksspielkonzern zu übernehmen: eine
klassische Unvereinbarkeit. Er und seine Partei fanden nichts daran,
erst nach medialer Kritik zog sich Stummvoll beleidigt zurück - aus
dem Aufsichtsrat. Umgekehrt wäre besser gewesen.
Die Summe all dieser Fälle - und es gibt ja noch weitere, der
parlamentarische U-Ausschuss soll sie untersuchen - hat in der
Politik zumindest das Bewusstsein geweckt, da sollte, da müsste man
etwas tun. Die Öffentlichkeit verlangt das auch. Es wurde in der
Folge viel geredet und geplant: Ein ganzes "Transparenzpaket" musste
gleich geschnürt werden.
Nach dem Jahreswechsel kann, muss man leider sagen: Die Politik ist
säumig geblieben. Umgesetzt wurde lediglich das sogenannte
Medientransparenzgesetz: Regierungsmitglieder werden sich künftig
also nicht mehr ganz so schamlos auf Steuerzahlers Kosten ins rechte
Bild rücken. Auch soll veröffentlicht werden, wer wo inseriert. Damit
könnte für mehr Gerechtigkeit bei der Inseratenvergabe gesorgt
werden, und vielleicht erfolgt der Austausch von Inseratengeschäften
und gefälliger Berichterstattung im Boulevard künftig nicht mehr ganz
so plump.
Sonst: Die Neuregelung der Parteienfinanzierung, ein extrem wichtiges
Instrument zur Bekämpfung der Korruption in der Politik, ist
ausständig; da sträubt sich vor allem die ÖVP. Das
Korruptionsstrafrecht ist viel zu lasch und gehört überarbeitet, da
lässt sich die Justizministerin zu viel Zeit. Ganz dringend sind neue
Regeln zur Unvereinbarkeit - da trödeln die Abgeordneten, die selbst
davon betroffen wären. Für ein Lobbyistengesetz gibt es immerhin
einen Entwurf. Das alles geht viel zu langsam. Auch für die
österreichische Innenpolitik gilt: Das Böse lauert immer und überall.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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