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BERLINER MORGENPOST: Die Kanzlerin und ihre Problem-Hähne - Leitartikel

Geschrieben am 22-10-2011

Berlin (ots) - Zu den verbreiteten Weisheiten über das Wesen der
Kanzlerin gehört ihre Vorliebe zum Männermord. Seit Roland Koch,
Friedrich Merz und weniger bedeutende Unionisten die Politik
verlassen haben, haftet Angela Merkel der Ruch der Killerin an. Mag
sein. Fairerweise aber ist festzuhalten, dass manche Herren nicht nur
anstrengend sind, sondern Bremser, Querulanten, Irrlichter. Derzeit
hat es die Chefin gleich mit zwei solcher Exemplare zu tun, denen mit
Argumenten nicht beizukommen ist, weil es um Inhalte gar nicht geht:
Nicolas Sarkozy und Horst Seehofer, zwei Problem-Hähne, die mit
lautem Krähen ihr Leistungsvakuum zu überspielen suchen. Dieses Duo
wird von ähnlichen Sorgen geplagt: Beide halten sich für große
Macher, haben aber in Wirklichkeit nicht viel zustande gebracht. Der
Bayer wie der Franzose wären froh, wenn ihnen das Wasser nur bis zum
Hals stehen würde. Der eine fürchtet erstens um seine Banken,
weswegen er einen Rettungsschirm ohne Limit braucht, und zweitens um
seine Wiederwahl, weil ein inszenierungskundiges Volk womöglich nicht
mal mehr eine auf den Wahlkampf gezirkelte Entbindung goutiert. Der
andere wiederum hat große Angst, dass er als Totengräber der
Mehrheitspartei CSU abtritt, auch wenn Vorgänger Stoiber schon heftig
vorgebuddelt hat. Zwei Himmelhunde, auf direktem Weg in die
politische Hölle, suchen ihr Heil nun in der Kompensation per
Krawall. Vor lauter Verzweiflung gehen sie keine Kompromisse ein,
sondern blockieren, egal, was da kommt. Nur der permanente Querschuss
verspricht Schlagzeilen, die wiederum den Eindruck erwecken, hier
agierten tatkräftige Männer. Tatsächlich ist das destruktive
Machtgehabe so beeindruckend wie ein Potentat, der in Plateauschuhen
und mit steil toupiertem Haupthaar die Parade abnimmt. Was kraftvoll
wirken will, spielt schnell ins Lächerliche. Die beiden Herren wissen
es natürlich besser: Bayerns Ministerpräsident wird die im
Koalitionsvertrag beschlossene Milderung der kalten Progression nicht
dauerhaft blockieren können. Und der französische Regierungschef kann
nicht ernsthaft glauben, dass die Deutschen am Ende für alle Miesen
der EU bürgen. Wenn Frankreichs Sorgen-Banken unter den Euro-Schirm
schlüpfen, der eigentlich für Notfälle gedacht war, dann wird das
Projekt Europa womöglich schneller erledigt als mit jeder anderen
Methode. Der Kanzlerin kommt die undankbare Aufgabe zu, gleich zwei
schwere Fälle von Narzissmus, Schizophrenie und Paranoia therapieren
zu müssen. Beiden Patienten ist ja nicht mit Vernunft beizukommen,
sondern allenfalls mit Symbolik. Seehofer und Sarkozy sind nur zu
bändigen, wenn sie das Gefühl haben, irgendeinen Triumph
davonzutragen, am besten täglich. Angela Merkel muss öffentlich also
zurückstecken, hinter den Kulissen aber eine Richtung vorgeben, die
Nerven und Kasse schont und zugleich Vertrauen zurückbringt. Erst
wenn diese Scheinriesen erledigt sind, wird wieder Platz für Vernunft
sein.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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