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Kauder: Die Regulierung der Finanzmärkte muss weiter gehen als bisher/ Finanztransaktionssteuer und mehr Wettbewerb bei den Ratingagenturen

Geschrieben am 23-10-2011

Berlin (ots) - Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Volker Kauder, hat sich in einem Gastbeitrag für die "Welt am
Sonntag" eine weitere Regulierung der Finanzmärkte ausgesprochen. Er
fordert die Einführung der Finanztransaktionssteuer und mehr
Wettbewerb bei den Ratingagenturen. Der Beitrag hat folgenden
Wortlaut:

"Die Ereignisse scheinen sich zu wiederholen. Erneut wird die Welt
in diesen Monaten durch die Finanzmärkte beunruhigt. Nach der
Finanzkrise 2008 macht uns nun seit Monaten die Stabilität des Euro
Sorgen. Viele Staaten der Euro-Zone sind in Schwierigkeiten.
Gewaltige Rettungsmaßnahmen sind nötig. Sehr viele Bürger fragen
sich, ob die Politik oder die Finanzwelt das Sagen hat. Das ist
verständlich. Die Ursachen der Finanzkrisen sind schwer zu
durchschauen. Das gilt auch für uns Politiker. Immer geht um
gewaltige Summen - und das Verhalten der Banken.

Wenn wir uns die Ursachen der Turbulenzen um den Euro analysieren,
müssen wir allerdings fair bleiben. Die jetzige Euro-Krise wurde
nicht primär durch die Banken verursacht. Die Finanzwelt hat vielmehr
in den vergangenen anderthalb Jahren - wenn auch gnadenlos - die
Schwächen einiger Länder aufgedeckt. Sensibilisiert durch die
Finanzkrise schauen die Institute den Schuldnern nun genauer auf die
Finger. Das ist nachvollziehbar. Länder wie Griechenland haben
horrende Schulden aufgehäuft, die die Bonität natürlich in Frage
stellen.

Hier haben wiederum die Banken Fehler gemacht. Zu lange haben sie,
die durch die Überschuldung noch dazu gutes Geld verdient haben, sich
mit der Situation der Schuldner-Staaten nicht ausreichend
beschäftigt. Das gilt auch für Ratingagenturen, die sich heute einen
Wettlauf der Bewertungen der Staatsanleihen liefern. Sie haben
schlichtweg geschlafen. Das Resultat ist, dass im Euro-Raum die
nächsten Stützungsmaßnahmen für Geldinstitute im Raum stehen.

Wahr ist: Wir brauchen ein funktionierendes Bankensystem. Ohne die
Institute kann auch unsere Volkswirtschaft nicht wachsen. Deshalb
müssen die Staaten die Banken auch diesmal stützen. Nur: Diese
Versicherung können wir Politiker nach der ersten Finanzkrise nur
noch vor unseren Wählern vertreten, wenn wir gleichzeitig alle
Anstrengungen unternehmen, die Risiken, die durch das Verhalten der
Finanzwelt ausgehen, einzudämmen. Die Politik wird die notwendigen
Regeln setzen.

In der Öffentlichkeit ist der Eindruck entstanden, als habe die
Politik auf die erste Krise nicht entschlossen genug reagiert. Dies
ist nicht zutreffend. In Deutschland hat die Bundesregierung die
Regulierung entschlossen vorangetrieben. Wir haben die nationale
Bankenaufsicht entscheidend verbessert. Es sind auch Vergütungsregeln
für die Managergehälter erlassen worden. Vor allem wird seit diesem
Jahr eine Bankenabgabe erhoben. Die Beträge fließen in einen Fonds.
Ziel ist es aus diesem Fonds künftig die Restrukturierung von Banken
zu finanzieren, die in Schieflage gekommen sind. Die Banken speisen
also eine Art Versicherung. Nicht der Steuerzahler werden also in
Zukunft für die Gesundung der Banken geradestehen, sondern über den
Fonds die Banken selbst. Das ist ein erheblicher Fortschritt. Aber
natürlich ist diese Versicherung erst im Aufbau.

Druck zu mehr Eigenvorsorge spielt auch in einem anderen
Zusammenhang eine Rolle. In der Finanzkrise und auch jetzt in der
Euro-Krise hat sich herausgestellt, dass die Banken - gerade wenn wir
in andere europäische Länder schauen - über zu wenig Eigenkapital
verfügen. Eigenkapital aber macht Banken weniger krisenanfällig.
Durch die sogenannten Basel-III-Beschlüsse soll sich nun die
Eigenkapitalquote erhöht werden. Aber wieder wird diese Reform erst
später richtig greifen. Basel III wird ab 2013 umgesetzt.

Das Zwischenfazit lautet also: Die Diagnose ist gestellt. Die
Therapie hat begonnen und wirkt. Sie braucht Zeit. Und vielleicht
muss die Dosis der Medizin noch erhöht werden.

Vor allem global geht es nur sehr langsam voran. Zu viele
Eigeninteressen werden verteidigt, zu wenig sehen sich die Staaten im
selben globalen Boot. Das muss man leider auch in der Diskussion über
die Finanztransaktionsteuer feststellen. Nachdem die Banken zum Teil
in der Finanzkrise nur dank der Staaten überlebt haben, müsste sich
auf der Welt eigentlich der Gedanke wie von selbst durchsetzen, dass
die Institute dem Gemeinwohl etwas zurückgeben müssten. Ich hätte
erwartet, dass die USA, wo die Finanzkrise ihren Ursprung hatte, hier
vorangehen. Das wäre ein Zeichen gewesen. Stattdessen wird
anscheinend doch sehr auf die Interessen der Wall Street Rücksicht
genommen. Staaten wie China nehmen die amerikanische Untätigkeit auf
und entschuldigen ihr Nein zur Steuer mit der Haltung Washingtons.

So bleibt uns eine Einführung auf EU-Ebene. Hier blockiert
Großbritannien. Im Zweifelsfall müssen wir die
Finanztransaktionssteuer eben in der Euro-Zone einführen. Die Steuer
wäre ein wirksames Instrument zur Eindämmung des Hochfrequenzhandels,
wo in Sekunden Milliarden hin und her geschoben werden. Hier muss
auch noch über andere Maßnahmen nachgedacht werden, den Handel zu
entschleunigen.

Die Finanzmarktregulierung muss also ständig fortentwickelt
werden. Auch über eine Trennung der Geschäftsbereiche von
Investmentbanking und den "normalen" Geschäftsfeldern sollte man
nachdenken - ohne sich davon allerdings zu viel zu versprechen.
Lehman Brothers war eine reine Investmentbank, ihre Pleite 2008
trotzdem Auslöser für die Finanzkrise. In der Krise gab es sowohl
Investmentbanken als auch Universalbanken, die gut oder weniger gut
durch die Krise gekommen sind. Der Banktypus kann also nicht die
entscheidende Rolle gespielt haben.

Genauer werden wir uns auch in der Koalition in den nächsten
Wochen aber mit den Ratingagenturen beschäftigen. Sie haben
wesentlich schon zur ersten Finanz- und Wirtschaftskrise beigetragen.
Ihre Bewertungen waren oft schlicht falsch - und die Banken haben
sich doch noch ihnen gerichtet. Wir brauchen mehr Transparenz und
Wettbewerb bei den Ratingagenturen, wenigstens auf EU-Ebene. Wir
müssen uns weiter mit dem Aufbau einer unabhängigen europäischen
Ratingagentur beschäftigen. Ob es daneben weiterhilft, den Agenturen
zu verbieten, Ratings über Staatsanleihen abzugeben, wird noch zu
prüfen sein.

Die Bändigung der Finanzmärkte bleibt somit eine Hauptaufgabe der
Politik in den nächsten Jahren. Wir sind auf nationaler Ebene schon
weit gekommen. Vor allem international bleibt aber noch viel zu tun.
Die Einsicht der Staaten in das Notwendige muss noch wachsen."



Pressekontakt:
CDU/CSU - Bundestagsfraktion
Pressestelle
Telefon: (030) 227-52360
Fax: (030) 227-56660
Internet: http://www.cducsu.de
Email: pressestelle@cducsu.de


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