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BERLINER MORGENPOST: Keine klammheimliche Sympathie - Leitartikel

Geschrieben am 10-10-2011

Berlin (ots) - Welche Anmaßung, welcher Zynismus. Da werden
schwere Anschläge auf die Sicherheit des Bahnsystems verübt, und die
Täter verhöhnen Zehntausende Reisende, die ihr Ziel allenfalls auf
Umwegen erreichen und lange Verspätungen erdulden müssen. Süffisant
lassen sie in ihrem Bekennerschreiben wissen: "Wir haben heute diese
Metropole in einem bescheidenen Umfang in den Pausenmodus
umgeschaltet..." Mehr Verachtung all derer, die gestern zu
Leidtragenden des ganz offenkundig linksextremistischen
"Hekla-Empfangskomitees" wurden, ist kaum noch denkbar. Es ist eine
Binsenweisheit, dass unsere immer stärker technisierte und
digitalisierte Industriegesellschaft für Sabotageanschläge anfällig
und hundertprozentige Sicherheit unmöglich ist. Bei aller
berechtigten Kritik an der Deutschen Bahn ist deren Streckennetz mit
34.000 Kilometer Länge eben nicht flächendeckend überprüfbar. Die
rechtzeitige Entschärfung des Brandsatzes am Berliner Hauptbahnhof
durch einen Streckenläufer zeigt aber, was zusätzliche
Sicherheitsvorkehrungen an besonders neuralgischen Punkten leisten
können. Inhalt und Formulierungen des Bekennerschreibens weisen nicht
allein auf einen linksextremistischen Hintergrund. Unbestreitbar
herauslesbar ist zudem, dass Autoren und Hintermänner über einen
gewissen intellektuellen Hintergrund verfügen. Es macht sie noch
gefährlicher. Denn damit liegt der Schluss nahe, dass ihre
Fehlerquote als Schlüssel zur Festnahme geringer sein dürfte als die
von Dumpfbacken. Das muss zur Konsequenz haben, dass die
linksextremistische Szene bis hin zur anarchistischen endlich
entschiedener als bisher isoliert wird. Es darf absolut keine
klammheimliche Sympathie mit einem Umfeld geben, das den Bahnverkehr
und damit Menschenleben gefährdet, Straßenschlachten mit der Polizei
sucht oder meint, Gesetze beliebig auslegen zu können. In Berlin wird
die unmissverständliche Abgrenzung von der gewaltbereiten Szene eine
Bewährungsprobe vor allem für die vereinte Opposition von Grünen und
Linkspartei. Dazu müssen sie sich als demokratische Parteien auch
dann durchringen, wenn eine neue Koalition aus SPD und CDU die innere
Sicherheit stärker in den Mittelpunkt ihrer Politik stellt als der
alte Senat. Neue Ideen in Politik und Gesellschaft können auch durch
Wahlen erzwungen werden. Das haben einst die Grünen bewiesen und
jüngst die Piraten. Aber Letztere sollten spätestens seit der
Veröffentlichung des Bekennerschreibens der Bahnattentäter im
Internet begreifen, dass dieses Forum nicht zur anonymen und damit
schützenden Waffe für jene verkommen darf, die ihre wirren
politischen und gesellschaftlichen Fantastereien über unser Recht und
Gesetz, ja über das Leben anderer stellen. Wichtigste Aufgabe eines
freiheitlichen Staates bleibt es, seine Bürger zu schützen. Nach den
Hintermännern eines Bekennerschreibens wie dem gestrigen müssen die
Sicherheitsbehörden auch künftig fahnden dürfen. Das Internet darf
keine autonome Zone für die werden, die Recht und Freiheit den Kampf
ansagen.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Chef vom Dienst

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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