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Pflanzenschutz: Hürden liegen höher, Harmonisierung lässt auf sich warten / Ab 14.6.2011 gilt die verschärfte EU-Zulassungsverordnung - Landwirten in Europa stehen künftig weniger Mittel zur Verfügung

Geschrieben am 09-06-2011

Frankfurt/Main (ots) - Der Dienstag nach Pfingsten markiert für
Landwirte in ganz Europa eine neue Zeitrechnung. Ab dem 14. Juni 2011
gilt die EU-Verordnung 1107/2009, die die Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln europaweit neu regelt, unmittelbar in allen
Mitgliedsstaaten. Das neue Regelwerk legt die Hürden für die
Zulassung eines neuen Pflanzenschutzmittels höher - die beabsichtigte
europäische Harmonisierung und eine Entbürokratisierung des
Zulassungsverfahrens dagegen stehen noch aus, kritisiert der
Industrieverband Agrar e. V. (IVA).

Nach der neuen EU-Verordnung dürfen bestimmte
Pflanzenschutz-Wirkstoffe schon dann nicht mehr zugelassen werden,
wenn sie in konzentrierter Form schädliche Eigenschaften aufweisen.
Für das Pflanzenschutzrecht bedeutet die Einführung dieser
Ausschlusskriterien ("cut offs") eine Abkehr von der bislang
praktizierten wissenschaftlichen Risikobewertung, die die
landwirtschaftliche Praxis zum Maßstab nahm. Pflanzenschutzmittel
unterliegen strenger Regulierung und sind neben Arzneimitteln die am
intensivsten überwachten Chemikalien. Ob von den betroffenen
Pflanzenschutzmitteln bei korrekter Anwendung durch sachkundige
Landwirte überhaupt Risiken für Mensch und Umwelt ausgehen, spielt
mit der jüngsten Verschärfung der Regulierung keine Rolle mehr. Die
jahrhundertealte Erkenntnis des Paracelsus, dass die Dosis
entscheidet, ob ein Stoff ein Gift ist, soll in der Landwirtschaft
mit einem Mal keine Bedeutung mehr haben.

Noch ist schwer zu sagen, wie viele Präparate den Landwirten
verloren gehen werden. Aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass immer
weniger Lösungen für die Pilzbekämpfung in wichtigen Bereichen wie
dem Getreideanbau zur Verfügung stehen. Auch wird es für die
Landwirte schwieriger, Resistenzbildungen vorzubeugen, wenn sie aus
einer geringeren Bandbreite an Wirkstoffen wählen können. Weiter
steht zu befürchten, dass für nur in geringem Umfang angebaute
Kulturpflanzen gar keine Mittel mehr zu Verfügung stehen werden, weil
die Zulassungskosten solche Produkte unwirtschaftlich machen.

"Der Übergang zum neuen europäischen Pflanzenschutzrecht hätte
holpriger kaum sein können. Ein neues deutsches Pflanzenschutzgesetz,
das die notwendigen Anpassungen abbildet, lässt weiter auf sich
warten; Prüf- und Bewertungsrichtlinien sind international noch nicht
aufeinander abgestimmt. Sicher ist allenfalls, dass die Gebühren für
die Zulassungsverfahren steigen werden. Das Gesetzespaket, zu dem
auch eine umfangreiche europäische Richtlinie gehört, muss jetzt in
der Praxis beweisen, ob es sein gesetztes Ziel - ein höheres
Schutzniveau für Mensch und Umwelt - wirklich erreichen kann", sagt
Volker Koch-Achelpöhler, Hauptgeschäftsführer des IVA.

Hoffnungen knüpft der IVA an die erklärten Ziele der
EU-Verordnung, die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Europa zu
harmonisieren und die landwirtschaftliche Produktion zu verbessern.
So begrüßt die Pflanzenschutz-Industrie die Einführung der
sogenannten "zonalen Zulassung". In Europa werden drei Zonen
gebildet, innerhalb derer die nationalen Behörden arbeitsteilig
kooperieren. In der Praxis soll dann ein Mitgliedsstaat federführend
entscheiden, ob ein neues Pflanzenschutzmittel zugelassen werden
kann. Im Idealfall erkennen die anderen Mitglieder derselben Zone die
Zulassung in einem vereinfachten Verfahren an und lassen das
Pflanzenschutzmittel in ihrem Land ebenfalls zu.

"Die zonale Zulassung ist ein wichtiger Harmonisierungsschritt.
Wir haben jetzt die einmalige Chance, Bürokratie abzubauen und die
kostenintensiven Zulassungsverfahren schneller und effizienter zu
gestalten. So wäre den Landwirten und in letzter Konsequenz den
Verbrauchern in Europa gedient", so Koch-Achelpöhler.

Hintergrund: Ein Jahrhundert Pflanzenschutzrecht in Deutschland
und Europa

- Erste gesetzliche Regelungen stellten Schutz der Kulturpflanzen
und Sicherung der Ernten in den Vordergrund. "Reblausgesetz" (1904)
schrieb die Bekämpfung des Schädlings vor; 1937 umfassendes "Gesetz
zum Schutz der Kulturpflanzen".
- Wandel in den 1960er Jahren, als Schutz des Verbrauchers und der
Umwelt Eingang in die Gesetzgebung finden: Pflanzenschutzgesetz von
1968, umfassende Novelle 1986.
- Grundlegende europäische Harmonisierung und weitere Verschärfung
der deutschen Regulierung durch EU-Richtlinie 91/414 in den 1990er
Jahren: Das deutsche Pflanzenschutzgesetz von 1998 führt die
Indikationszulassung ein, d. h. Pflanzenschutzmittel werden nicht
generell, sondern nur für spezifische Anwendungen zugelassen. Sie
sind jetzt ähnlich streng reguliert wie Arzneimittel.
- EU beschließt Pflanzenschutz-Paket von 2009, im Kern bestehend aus
einer Verordnung (1107/2009) zur Zulassung und einer
Rahmenrichtlinie (2009/128) zur nachhaltigen Anwendung von
Pflanzenschutzmitteln. Wirkstoffe mit bestimmten Eigenschaften
("cut offs") fallen weg; weitere europäische Harmonisierung durch
Zusammenarbeit der nationalen Behörden (zonale Zulassung).

Der Industrieverband Agrar e. V. (IVA) vertritt die Interessen der
agrochemischen Industrie in Deutschland. Zu den Geschäftsfeldern der
51 Mitgliedsunternehmen gehören Pflanzenschutz, Pflanzenernährung,
Schädlingsbekämpfung und Biotechnologie. Die vom IVA vertretene
Branche steht für innovative Produkte für eine moderne und
nachhaltige Landwirtschaft.



Pressekontakt:
Industrieverband Agrar e. V., Pressestelle
Martin May
Tel. +49 69 2556-1249 oder +49 151 54417692
Fax +49 69 2556-1298
E-Mail: may.iva@vci.de
http://www.iva.de


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