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BERLINER MORGENPOST: Mut zu Großprojekten nicht verlieren - Leitartikel

Geschrieben am 06-06-2011

Berlin (ots) - Wenn es doch so einfach wäre: Die
Fluglärmkommission hat am Montag ihren Abschlussbericht vorgelegt.
Die Flugrouten für den neuen Großflughafen Berlin-Brandenburg
International sollen, wenn eben möglich, um Berlin und Potsdam herum
geführt werden. Doch die Entscheidung liegt nicht bei den
Betroffenen, sie liegt bei den Behörden. Eben jenen Behörden, die mit
ihren ersten Routenvorschlägen die Menschen auf die Straße getrieben
hatten. Die Deutsche Flugsicherung und das Bundesaufsichtsamt für
Flugsicherung müssen bis Januar 2012 über die Flugrouten entscheiden.
Jetzt kommt es also zum eigentlichen Prüfstein für die Beteiligung
der Bürger an solchen Großvorhaben. Die Behörden müssen auf die
Sorgen der Anwohner und ihre Belange eingehen - im Zweifel sogar mehr
als auf die Forderungen der Fluggesellschaften nach hoher
Wirtschaftlichkeit. Sicherheit ist das höchste Prüfkriterium für die
Flugrouten. Aber danach sollten die berechtigten und umsetzbaren
Wünsche der Bürger folgen. Denn in der Frage der Flugroutenführung
geht es um mehr als nur einen Luftkorridor über Häusern in Wannsee,
Steglitz und Potsdam. Seit Stuttgart 21 geht es um die grundsätzliche
Frage, wie die Politik mit den berechtigten Interessen Zehntausender
Bürger umgeht. Es geht um das Verhältnis von Demokratie und
Gesellschaft zu Großprojekten und wirtschaftlicher Entwicklung. Denn
wie gefährlich ein Massenprotest für jahrelange Bauvorhaben werden
kann, zeigt nicht nur der Bahnhofsneubau in Stuttgart. Auch im
Abschlussbericht der Fluglärmkommission gibt es bedenkliche
Überlegungen: Im allgemeinen Forderungsteil wird ein Nachtflugverbot
von 22 Uhr bis 6 Uhr gefordert und der Parallelstart von Flugzeugen
auf beiden Startbahnen untersagt. Die Fluglärmkommission geht sogar
noch weiter: Der Flughafen soll bitte schön nicht auch noch zum
Drehkreuz ausgebaut werden. Damit wird der Großflughafen in seiner
grundsätzlichen strategischen Ausrichtung in Gefahr gebracht. Das
kann und darf nicht sein. Hier müssen die Flughafengesellschaft und
die Politik Aufklärung betreiben, wieso die Nachtrandzeiten und das
Drehkreuz wichtig sind für die Entwicklung des Flughafens. Denn nur
mit Starts und Landungen in der Zeit von 22 bis 0 Uhr und von 5 bis 6
Uhr - also in den eigentlichen Randzeiten - ist ein Betrieb mit
Langstreckenflügen im internationalen Wettbewerb möglich. Der
Flughafen und die Milliarden Euro, die Berlin, Brandenburg und der
Bund in das Projekt investiert haben, sollen ihn zu einem
Wirtschaftsmotor für eine ganze Region machen. Denn nichts braucht
Berlin dringender als neue Arbeitsplätze. Wer Bürgerbeteiligung ernst
nimmt, muss die Menschen schon früh in die Planung von Großprojekten
mit einbeziehen. Bei den Flugrouten kam diese Beteiligung fast zu
spät. Demokratie ist immer ein Wettbewerb um bessere Argumente. Eine
getroffene Entscheidung muss aber dann auch von allen respektiert
werden. Denn sonst droht Stillstand. In Anlehnung an Willy Brandt,
dem Namenspatron des neuen Großflughafens, möchte man sagen: Wagen
wir mehr Demokratie, aber haben wir auch den Mut, dann zu
Entscheidungen zu stehen.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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