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Umweltzonen retten Menschenleben

Geschrieben am 07-04-2011

Berlin (ots) - Langzeitstudie in NRW bestätigt: Das Wohnen an
stark befahrenen Straßen schadet der Gesundheit und kann wegen der
hohen Feinstaubwerte tödlich enden - Neue Untersuchungen von Prof.
Wichmann zeigen, dass durch Umweltzonen ein Rückgang der
Gesundheitsprobleme zu erwarten ist - DUH-Bundesgeschäftsführer Resch
nennt Widerstand gegen Umweltzonen "unverantwortlich und geradezu
asozial" - Zehntausende sterben jedes Jahr vorzeitig an Feinstaub -
Konsequent umgesetzte und überwachte Umweltzonen verringern den
Dieselrußausstoß - Deutsche Umwelthilfe fordert sofortige Beendigung
der Subventionierung ungefilterter Diesel-Pkw und Einführung einer
"Feinstaub-Abgabe" auf alle Dieselstinker

Konsequent umgesetzte und überwachte Umweltzonen vermindern die
Feinstaubbelastung und retten Menschenleben. Dies ist das Ergebnis
einer neuen Studie von Prof. Wichmann zum Gesundheitsrisiko durch
verkehrsabhängige Partikel.

Erhöhte Sterblichkeit durch die Feinstaubbelastung an stark
befahrenen Straßen in Nordrhein-Westfalen

In der vergangenen Woche wurde die Fortschreibung einer
epidemiologischen Langzeitstudie im Auftrag des
nordrhein-westfälischen Umweltministeriums veröffentlicht. Die
Untersuchung des Helmholtz Zentrums München zeigt einen deutlichen
Zusammenhang zwischen Wohnort, Luftbelastung und
Sterblichkeitsrisiko.

In der "Feinstaubkohortenstudie Frauen in NRW" wurde über 18 Jahre
das Sterblich-keitsrisiko von fast 5.000 Frauen der Jahrgänge 1929
bis 1942 an sieben Standorten in Nordrhein-Westfalen in Abhängigkeit
von den Belastungen durch Feinstaub/Stickstoffdioxid an ihren
jeweiligen Wohnorten untersucht. Mit geringerem Abstand zwischen
Wohnadresse und verkehrsreichen Straßen nahmen dabei die allgemeine
Sterblichkeit sowie die Todesursache durch Herz-Kreislauferkrankungen
statistisch signifikant zu. Die Analyse zeigte deutliche
Zusammenhänge zwischen Verkehrsbelastung und verkehrsabhängigen
Schadstoffen einerseits und der Sterblichkeit an
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Lungenkrebs
anderer¬seits. Hierdurch bestätigte sich einmal mehr der erhebliche
Einfluss hoher Partikelbelastungen auf die Gesundheit der Anwohner.

Bei Frauen, die näher als 50 Meter an einer Hauptverkehrsstraße
lebten, erhöhte sich die allgemeine Sterblichkeit um fast 40 Prozent,
das Risiko, an einer Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankung zu
versterben, stieg sogar um fast 80 Prozent. "Wir sind hierüber sehr
besorgt und enttäuscht, dass die bisherige Luftreinhaltepolitik es
immer noch nicht geschafft hat, diese Erkrankungs- und Sterbefälle zu
verhindern", erläuterte der Leiter der Langzeitstudie Prof. Erich
Wichmann vom Helmholtz Zentrum München.

Allein die beiden Umweltzonen in Berlin und München vermeiden
zusammen mehr als 170 dieselrußbedingte Todesfälle pro Jahr

Entgegen häufig vorgebrachter Kritik können Umweltzonen durchaus
ein geeignetes Instrument sein, die gesundheitlichen Auswirkungen der
verkehrsbedingten Partikelbelastung zu verringern. Denn bei einer
Umweltzone ist nicht die Gesamtreduktion des PM10-Feinstaubs
gesundheitlich entscheidend, sondern die Reduktion des hoch-toxischen
Dieselrußanteils im Feinstaub. Dieser macht aber nur 20% aus.

Durch die Umweltzone in Berlin wurde dieser verkehrsbedingte
Rußanteil 2008 und 2009 um ca. 30% gesenkt, was einem Rückgang der
PM10 Konzentration um ca. 6% entspricht. 2010 nach Beschränkung der
Einfahrt auf Fahrzeuge mit grüner Plakette sank der Rußanteil sogar
um ca. 60%, was einem Rückgang der PM10 Konzentration um ca. 12%
entspricht. Wegen der linearen Beziehung zwischen Rußkonzentration
und Sterblichkeit ist daher von einem Rückgang der Ruß bedingten
Sterblichkeit um 30-60% auszugehen, obwohl PM10 nur um 6-12%
abgenommen hat! In der Berliner Umweltzone, in der eine Million
Menschen leben, werden dadurch pro Jahr rechnerisch 144 Dieselruß
bedingte Todesfälle vermieden.

Stellt man dieselbe Berechnung für die Umweltzone München an, in
der 420.000 Menschen leben, dann werden dort pro Jahr 30 Dieselruß
bedingte Todesfälle vermieden. In beiden Umweltzonen werden somit
zusammen mehr als 170 vorzeitige Todesfälle pro Jahr vermieden.

Zusammenfassend weist Prof. Wichmann darauf hin, dass die
Reduktion von PM10 um 6-12% in Umweltzonen durchaus sehr relevant
ist: Tatsächlich sind nur ca. 20% des Feinstaubs hochtoxischer Ruß,
während ca. 80% wenig toxische Anteile wie aufgewirbelten Staub,
Reifenabrieb, biologische Materialien, Staub aus dem Ferntransport
etc. ausmachen. Wenn es aber gelingt, etwa die Hälfte des
hochtoxischen Rußanteils durch Umweltzonen zu vermeiden, ist das ein
stolzer Erfolg. Zum Vergleich: Durch die effektivste aller Maßnahmen,
nämlich die sofortige Nachrüstung aller Dieselfahrzeuge mit
Rußfiltern, ließe sich die PM10-Konzentration auch nur um 20% senken.

Umweltzonen könnten das schwerwiegendste verbliebene
Luftreinhalteproblem in Deutschland zwar nicht vollständig beheben;
sie seien aber das derzeit wirksamste Instrument zu seiner
Eindämmung, erklärte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen
Umwelthilfe e. V. (DUH), Jürgen Resch. "Angesichts der eindeutigen
Befunde ist es unverantwortlich und geradezu asozial, wenn Kritiker
der Umweltzonen aus Automobilverbänden und Wirtschaft diesen
entscheidenden Zusammenhang konsequent negieren. Konsequent
umgesetzte und vor allem kontrollierte Umweltzonen bedeuten aktiven
Gesundheitsschutz für Millionen Betroffene in unseren
Ballungs-räumen."

Umweltzonen sind nach Überzeugung der DUH dann ein wirksames
Mittel zu einer verbesserten Luftqualität und insbesondere zur
Eindämmung der verheerenden Folgen der Feinstaubbelastung, wenn sie
ausreichend groß sind, die Einfahrt nur noch für Fahrzeuge mit grüner
Plakette erlaubt ist und die Umsetzung von Polizei und Ordnungsämtern
konsequent kontrolliert wird. Dies zeige sich deutlich am Beispiel
der Berliner Umweltzone: Seit ihrer Einrichtung im Januar 2008 hat
der Dieselrußausstoß aufgrund der durch die Einfahrverbote
angereizten Modernisierung der Berliner Fahrzeugflotte um 58%
abgenommen. Die Emissionsminderung deckt sich relativ gut mit den
gemessenen Belastungswerten, da andere Dieselrußquellen wie
Baumaschinen, Binnenschiffe oder Lokomotiven von der Umweltzone
bisher nicht erfasst werden. Im Ergebnis reduzierte sich die
gemessene Luftverun¬reinigung durch Rußpartikel in drei Jahren um 52
%.

"Wir sehen heute die Erfolge konsequenter Bemühungen der
Senatsverwaltung für Umwelt und Gesundheitsschutz in Berlin, die die
Veränderungen seit Jahren aufwändig misst, analysiert und die
Ergebnisse für die Fortentwicklung ihrer Luftreinhaltepolitik nutzt",
erklärte der Verkehrsexperte Dr. Axel Friedrich, der seit Jahrzehnten
an der Minderung verkehrsbedingter Luftschadstoffe arbeitet. "Alte
Dieselfahrzeuge sind heute in anderen Städten für etwa 60% der
Rußemissionen verantwortlich und könnten, bei entsprechendem
politischen Willen, auch dort schnell reduziert werden."

Als hauptverantwortlich für die beobachteten schweren
Gesundheitsschäden gelten vor allen Dingen die Verbrennungspartikel
der Dieselfahrzeuge. Feinstaub besteht aus einer komplexen Mischung
hoch toxischer und vergleichsweise harmloser Komponenten. "Dabei
kann man den eher harmlosen Komponenten, zum Beispiel
Erdkrustenstaub, mit der von Kritikern häufig angeführten Methode der
Straßen-Nassreinigung beikommen, den hoch toxischen leider nicht",
sagte Resch. Andererseits können so genannte verkehrslenkende
Maßnahmen nur erfolgreich eingesetzt werden, wenn es gelingt, den
Verkehr in dicht besiedelten Innenstadtstraßen deutlich zu reduzieren
und nicht nur auf andere Straßen umzulenken.

Resch erinnerte daran, dass in nicht einmal zwei Monaten die von
der EU gewährte Frist abläuft, nach der die gesetzten Grenzwerte für
PM10 endgültig einzuhalten sind, auch wenn zuvor Ausnahmen bewilligt
wurden. Bei fortgesetzter Überschreitung von Grenzwerten drohen den
Mitgliedsstaaten Vertragsverletzungsverfahren, die mit empfindlichen
Geldstrafen verbunden sein können. Für eine volkswirtschaftliche
Gesamtrechnung müssten auch die Folgekosten berücksichtigt werden,
die sich aus den gesundheitlichen Folgen der Feinstaubbelastung
ergeben.

"Mit ihrer Entscheidung, die Kfz-Steuer zum 1. April 2011
ungefilterte Diesel-Pkw mit durchschnittlich 25 EUR
Steuererleichterung zu subventionieren, zeigt die Ignoranz der
derzeitigen schwarz-gelben Umweltpolitik im Interesse der
Automobilindustrie und gegen die vom Dieselruß belasteten Bürger",
kritisiert Resch. Zum 31. März war die seit 2007 geltende Malussteuer
für Dieselfahrzeuge ohne Filter in Höhe von 1,20 pro 100 cm3 Hubraum
ersatzlos gestrichen worden. Bereits zum Jahresbeginn war die
Förderung der Nachrüstung ungefilterter Diesel-Pkw ersatzlos
eingestellt worden.

Die Deutsche Umwelthilfe fordert daher eine Feinstaubabgabe auf
alle ungefilter-ten Diesel-Pkw und Nutzfahrzeuge und die Verwendung
der Einnahmen zur Förde¬rung der Nachrüstung mit wirksamen
Partikelfiltern.

Die Präsentation der Ergebnisse sowie die Studie von Herrn Prof.
Wichmann finden Sie unter:

http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2553



Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0,
Mobil: 0171 3649170, resch@duh.de

Dr. Axel Friedrich, internationaler Verkehrsberater,
Mobil: 0152 29483857, axel.friedrich.berlin@gmail.com

Prof. Dr. Dr. Erich.Wichmann, Deutsches Forschungszentrum für
Gesundheit und Umwelt, Institut für Epidemiologie,
Telefon: 089 3187-4066, wichmann@helmholtz-muenchen.de


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