(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Guttenberg-Umfragen:

Geschrieben am 28-02-2011

Bielefeld (ots) - Es knirscht in diesen Tagen in Deutschland
zwischen der öffentlichen Meinung und der veröffentlichten. Je nach
Umfrage fordern bis zu 87 Prozent der Menschen, Verteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg solle im Amt bleiben - auch ohne
Doktortitel. Damit steht Volkes Stimme im Gegensatz zu der Position,
die nahezu alle Zeitungen, Fernsehsender und Magazine einnehmen.
Abgesehen von der Bild-Zeitung, die »KT« lange vor der Plagiatsaffäre
zu ihrem Liebling erklärt hat und nun nichts auf ihn kommen lässt.
Hat die Presse ihr Ohr nicht am Puls der Menschen? Hat sie die
Bodenhaftung verloren? Will sie sich nur mit der Trophäe schmücken,
einen weiteren Politiker zur Strecke gebracht zu haben? Mitnichten.
Nichts wäre für Kommentatoren einfacher, als auf den Zug der
Pro-Guttenberg-Bewegung aufzuspringen. Den Baron zu loben, weil er
als erster vom Krieg in Afghanistan gesprochen hat. Ihn zu preisen,
weil er die Bundeswehr neu aufstellt. Ihm zu danken, weil er frischen
Wind ins Kabinett gebracht hat. Wirklich, nichts wäre einfacher.
Aber das ist eben nicht die vordringliche Aufgabe von Journalisten.
Wenn das Bundesverfassungsgericht die Pressefreiheit als
»konstituierend für die Demokratie« bezeichnet, dann ist damit auch
die Wächterfunktion angesprochen, die Zeitungen, Radio und Fernsehen
zufällt. Es ist einer der wichtigsten Aufträge der Presse, Betrug,
Korruption, Steuerverschwendung, Mauscheleien und Amtsmissbrauch an
die Öffentlichkeit zu bringen. So wird die Demokratie gestärkt, so
wird das Zutrauen in den Rechtsstaat erhalten. Es ist keine Hetzjagd
auf Guttenberg, die Deutschlands Medien im Moment umtreibt, sondern
der Versuch, die Affäre so transparent wie möglich zu machen. Erst
die detaillierte Offenlegung der Abläufe und Verantwortlichkeiten
ermöglicht es jedem von uns, sich eine fundierte Meinung zu bilden.
Der eine kommt dabei zu dem Schluss, der Makel des Plagiats trete
weit hinter die Verdienste Guttenbergs zurück. Der nächste will den
Minister abtreten sehen, weil er ihm grundsätzliche charakterliche
Mängel unterstellt und in seinem Festhalten am Amt eine
Bagatellisierung des Vergehens sieht. In diesem Spannungsfeld drückt
sich die Presse nicht davor, das Vergehen Guttenbergs einzuordnen.
Ist es vertretbar, eine Kassiererin, die einen Leergutbon
unterschlagen hat, zu entlassen, wenn ein Regierungsmitglied, das
über Jahre mit verbotenen Methoden an seiner Promotion herumgedoktert
hat, bleiben darf? Wohl in der Sorge, Demokratie und Rechtsstaat
könnten Kratzer bekommen, wenn man einem Bundesminister erst einmal
so etwas durchgehen lässt, gelangen selbst konservative Kommentatoren
zu dem zugegeben unpopulären Schluss, Guttenberg müsse gehen. Aber:
Jeder darf ganz anderer Meinung sein. Das ist gut, und die Presse
wacht darüber, dass es so bleibt.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

318276

weitere Artikel:
  • BERLINER MORGENPOST: Assimilation ist bloß ein Kampfbegriff - Leitartikel Berlin (ots) - Selten ist ein ausländischer Staatbesucher in Deutschland so selbstbewusst aufgetreten wie der türkische Ministerpräsident Receep Tayyip Erdogan. Man kann seine erneute Rede vor Tausenden von Türken - mit Pässen, die den Halbmond oder den deutschen Adler zieren - aber auch als Provokation verstehen. Ähnlich seinem kämpferischen Auftritt vor drei Jahren in Köln hat er in Düsseldorf erneut wider besseres Wissen vor einer zu weit gehenden Integration seiner Landsleute und derer gewarnt, die sich mittlerweile zur deutschen mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Richtig so Die Klagen gegen längere Laufzeiten Cottbus (ots) - Die Politik hat sich in den vergangenen Jahren öfter dem Verdacht ausgesetzt, das Bundesverfassungsgericht politisch instrumentalisieren zu wollen. Niederlagen wurden scheinbar mit leichter Hand zur Prüfung nach Karlsruhe überwiesen, in der Hoffnung, sie doch noch in einen Sieg ummünzen zu können. Das hat sogar zu dem Eindruck geführt, die Parteien würden das Gericht missbrauchen. Diesmal ist das anders. Es ist gut und richtig, dass die Länder, die Opposition und Umweltverbände gegen die von der Bundesregierung beschlossene mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Kommentar Mittelbayerische Zeitung zu Münchner Zukunftsrat Regensburg (ots) - Dass sich Bayern nicht in "Leuchttürme" und in "flaches Land" auseinanderdividieren lässt - diese Warnung dürfte bei Ministerpräsident Horst Seehofer angekommen sein. Zu heftig waren die Proteste gerade in Ostbayern, nachdem der Münchner Zukunftsrat vorgeschlagen hatte, einige bayerische Städte zu "Leistungszentren" auszubauen. Unabhängig von der Feststellung, dass nicht alles schlecht ist, was der Zukunftsrat vorgeschlagen hat, bleibt festzuhalten: Seehofer will offenkundig, dass noch mehr interessante Ideen in mehr...

  • Rheinische Post: Oppermann: SPD versöhnt sich mit Schröder Düsseldorf (ots) - Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, rät seiner Partei zu mehr Pragmatismus. "Die Pragmatiker sind in der SPD auf dem Vormarsch. Ihnen gelingt es, die Alltagssorgen der Menschen in den Mittelpunkt der Politik zu stellen", sagte Oppermann der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). Die SPD könne nur erfolgreich sein, wenn sie sowohl die eigene Anhängerschaft mobilisiere, als auch die Mitte der Gesellschaft überzeuge. "Ohne wirtschaftliche Dynamik können mehr...

  • Rheinische Post: Barmer/GEK-Chefin Fischer: Nur noch gesetzliche Kassen sollen Vollversicherung anbieten dürfen Düsseldorf (ots) - Die Chefin der Barmer/GEK hat gefordert, dass nur noch gesetzliche Kassen eine Vollversicherung anbieten dürfen. "Es ist nicht akzeptabel, dass die 90 Prozent gesetzlich Versicherten schlechter behandelt werden als die zehn Prozent Privatpatienten", sagte Fischer der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). Die Ursachen der Ungleichbehandlung müssten beseitigt werden, forderte die Kassenchefin. "Die lassen sich beseitigen, indem man die Vollversicherung ausschließlich den gesetzlichen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht