WAZ: Lindner zur Integrationsdebatte - Die republikanische Offensive - Leitartikel von Wilhelm Klümper
Geschrieben am 18-10-2010 |
Essen (ots) - Wie hat sich unsere Republik in 40 Jahren verändert.
Die 68er haben ein miefiges Deutschland kräftig durchgelüftet. Oswalt
Kolle klärte die ganze Republik auf. Die Beatles sangen "All you need
is love", die Pille wurde erfunden und Alice Schwarzer brachte die
Frauenemanzipation auf die Bahn. Es herrschte ein Klima der offenen
Debatte, ein Klima der vermeintlich grenzenlosen geistigen Freiheit.
Dieser Diskurs schonte natürlich auch die Kirche nicht.
Schülerzeitungen machten sich über "Pillen Paul" lustig. "Pardon" und
"Titanic" zogen über Papst und Bischöfe her, dass es einem den Atem
verschlug. 40 Jahre später müssen ein Karikaturist wegen einer
Mohammed-Karikatur und der Autor Salman Rushdie nach seinen
"Verbotenen Versen" um ihr Leben fürchten. Die Oper "Idomeneo" wurde
in Berlin aus Furcht vor islamistischem Zorn abgesetzt. Fast täglich
fordert irgendein islamischer Verbandsvertreter eine Entschuldigung,
weil Ehre und religiöse Gefühle verletzt worden seien. Dass die
ersten vor rund 40 Jahren ins Land gekommenen türkischen Gastarbeiter
einen anderen Glauben hatten als die Italiener und Spanier, fiel
zunächst niemandem so richtig auf. Muslim? Na und? Allerdings hat es
eine Minderheit von islamistischen Eiferern unter den Muslimen
verstanden, die Ansprüche ihrer Religion mehr und mehr in die
deutsche Gesellschaft zu tragen. Bei der Integrationsdebatte nehmen
Fragen des Glaubens in unserer Gesellschaft wieder raumgreifend Platz
ein. Gehört der Islam dazu oder fußt das Grundgesetz auf
christlich-jüdischem Erbe? Wohltuend, dass sich in dieser Gemengelage
der FDP-Generalsekretär Lindner mit Verve zu Wort meldet. Seines
Erachtens habe die Debatte um die Integration von Zuwanderern eine
Wende genommen, nach der religiöse Werte bedeutsamer scheinen als
republikanische. Lindner verweist zu Recht darauf, dass das
Christentum nicht deutsche Staatsreligion, sondern lediglich
persönliches Bekenntnis sei. Die Prinzipien der bürgerlichen
Verfassung seien in der Aufklärung freigelegt worden und seit der
Französischen Revolution - oft genug gegen den Widerstand der Kirchen
- erkämpft worden. Religion oder auch Nichtglauben sind hierzulande
mithin reine Privatsache. "Menschen können unabhängig von Herkunft,
Glaube und Geschlecht als Bürger mit gleichen Rechten und Pflichten
am politischen Gemeinwesen teilhaben." Das sind die Spielregeln für
das Leben in unserer Republik. Eigentlich schlimm, dass Lindner auf
solche Selbstverständlichkeiten extra hinweisen muss.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
295688
weitere Artikel:
- WAZ: Schwarz-gelbe Zuwanderungspläne - Endlich zur Sache - Kommentar von Stefan Schulte Essen (ots) - Deutschland leistet sich eine erbärmlich
oberflächliche Zuwanderungsdebatte - und das seit vielen Jahren und
immer schön im Kreis herum. Seehofer warnt vor einer
Massenzuwanderung, die es nicht mehr gibt und die auch niemand mehr
fordert. Er wollte es einfach mal gesagt haben. Man könnte
"Stammtischniveau" schimpfen und abwinken, würden nicht
Scheindebatten wie diese immer wieder aufs Neue den Blick auf die
wirklichen Probleme verstellen. Zwei davon: In Deutschland arbeiten
ausländische Fachkräfte als Fensterputzer, mehr...
- WAZ: Keine Zukunft zum Nulltarif - Kommentar von Sigrid Krause Essen (ots) - Die Klage ist nicht neu: Frauen in Deutschland - vor
allem die gut ausgebildeten - entscheiden sich viel zu selten für ein
Kind. In Sachen "Geburtenrate" steht die Bundesrepublik europaweit
hinten. Auch der gesetzliche Mutterschutz von 14 Wochen ist kein
Glanzlicht: Außer bei uns ist er nur noch im Zwergstaat Malta so
kurz. Auch die bezahlte Elternzeit ist anderen Ländern mehr wert als
uns. In den Anfängen ging es beim Mutterschutz darum, schwangere
Frauen vor unzumutbaren Belastungen durch giftige Werkstoffe,
Wechselschichten mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Türkei und Integration Halle (ots) - Eine deutsche Debatte zu Lasten der drei Millionen
Türken (davon 700 000 mit deutscher Staatsbürgerschaft) kann nicht in
Ankaras Interesse sein. Wie lernfähig Erdogan ist, hat er gerade
gezeigt: Er und Präsident Abdullah Gül fordern sie ohne Wenn und Aber
zur Integration auf. Vor zwei Jahren hatte Erdogan seinen Appell in
Köln noch mit einem heftigen Ausfall gegen "Assimilation"
relativiert. Die Bundesregierung tut gut daran, die Avancen nicht
zurückzuweisen. Will sie die erfolgreiche Integration der nicht immer
unproblematischen mehr...
- Westdeutsche Zeitung: Endlich wird die Debatte um Einwanderung sachlich geführt Fair, berechenbar und längst überfällig Von Olaf Steinacker = Düsseldorf (ots) - Endlich bekommt die Debatte um Integration das
Maß an Sachlichkeit, das sie so dringend braucht. Zumindest, was die
Anwerbung von Fachkräften angeht. Durch den Vorschlag nämlich, für
Zuwanderer ein Punktesystem einzuführen. Nur wer Anforderungen an
Bildung, Berufsqualifikation und Sprachkenntnisse erfüllt, darf sich
in Deutschland niederlassen. Das ist fair, das ist berechenbar, das
ist längst überfällig.
Selbst aus den Reihen der CDU wird der Ruf nach solch einem System
laut(er). Aus einer Partei, die ansonsten mehr...
- Südwest Presse: Kommentar zum Thema Gentests Ulm (ots) - Eines Urteils hat es bedurft, um den Gesetzgeber auf
den Plan zu rufen. Er ist nun aufgefordert, Regeln zu finden, die
über Leben und Tod eines werdenden Menschen entscheiden. Das
Grundgesetz gewährt ihm das Recht auf Menschenwürde. Doch gilt dies
auch für eine im Reagenzglas befruchtete Eizelle? Und warum lässt der
Gesetzgeber vorgeburtliche Diagnose mit den Konsequenzen der
Abtreibung zu? Ist das Töten eines Achtzellers vor dem Einpflanzen in
die Gebärmutter nicht weniger schwerwiegend? Einfache Antworten
weichen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|