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WAZ: Machtwechsel in Bayern: Stoiber hinterlässt zwiespältiges Erbe - Leitartikel von Ulf Meinke

Geschrieben am 28-09-2007

Essen (ots) - Am Ende wurde der Abschied lang. Neun Monate
zelebrierte Edmund Stoiber seinen Abgang. Nun verlässt er die große
Bühne - nach 14 Jahren als bayerischer Ministerpräsident, nach acht
Jahren als Parteichef. Für die CSU endet damit eine Ära. Viele
Parteifreunde Stoibers haben diesen Tag herbeigesehnt. Weder die
Glückwünsche zu seinem 66. Geburtstag noch der wohlwollende Applaus
während seiner Abschiedstournee konnten über eine gewisse Entfremdung
zwischen Ministerpräsident und Partei hinwegtäuschen.

Edmund Stoiber ist auch ein Beispiel dafür, wie schwer
Spitzenpolitikern das Loslassen fällt. Geblendet vom eigenen Glanz
hat der Ministerpräsident den Überdruss seiner Partei übersehen. Bis
zuletzt hat er nicht verstanden, warum ihn seine Parteifreunde vom
Hof jagten. Zweidrittelmehrheit im Münchener Maximilianeum, imposante
Wachstumszahlen, mehr Arbeitsplätze, weniger Schulden als andere
Bundesländer. Für seine Nachfolger ist Stoibers Erbe ebenso
beeindruckend wie bedrückend.

Doch Stoiber ist auch ein Politiker der ungenutzten
Möglichkeiten. Er ist der Beinahe-Kanzler, Nahezu-Bundespräsident und
Fast-EU-Kommissionschef. Dass er das auf ihn zugeschnittene Amt als
Superminister im Kabinett von Angela Merkel nicht annahm und die
Flucht zurück nach München antrat, war der Anfang vom Ende seiner
Karriere. Der alte Löwe zeigte Schwäche und wurde selbst zum
Gejagten.

Nun gibt es in der CSU eine weit verbreitete Sehnsucht nach
Normalität. Die Partei hat das bizarrste Dreivierteljahr ihrer
Geschichte hinter sich und muss sich neu sortieren. Die Liebesaffäre
vom Möchtegern-Stoiber-Nachfolger Horst Seehofer und die
Latexhandschuhe der Parteirebellin Gabriele Pauli werden irgendwann
vergessen sein. Doch die Frage bleibt, ob die Christsozialen mit dem
neuen Personal die absoluten Mehrheiten der vergangenen Jahre
verteidigen können. Auf ihrer absoluten Mehrheit in Bayern basiert
schließlich der Einfluss der CSU auf Bundesebene. Rutscht die Partei
im Freistaat unter 50 Prozent, schrumpft sie zur Regionalpartei.

Stoiber hinterlässt ein zwiespältiges Erbe. Neben einer
beachtlichen Leistungsbilanz der Landesregierung tut sich ein
personelles Vakuum innerhalb der CSU auf. Mit dem Abschied des
Regenten bleibt der Generationswechsel aus, was auch Rückschlüsse auf
den selbstbezogenen Regierungsstil des scheidenden
Ministerpräsidenten zulässt. Nur vordergründig übergibt Stoiber
seinen Nachfolgern "a gmahte Wiesn".

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de


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