Allg. Zeitung Mainz: Ein Bärendienst (zum "Briefdienstleister")
Geschrieben am 19-09-2007 |
Mainz (ots) - Ein Briefträger ist, wer Briefe trägt. Das musste mal gesagt werden und wurde gestern so auch von höchster Warte in Berlin regierungsamtlich bestätigt, allerdings in einem fatalen Zusammenhang und mit möglicherweise skurrilen Folgen. Hintergrund der gesetzgeberischen Posse ist der Versuch des SPD-geführten Bundesarbeitsministeriums, im Zusammenwirken mit der Gewerkschaft Verdi und der Deutschen Post AG für die Zeit nach dem Fall des Briefmonopols im kommenden Jahr dem ehemaligen Staatsunternehmen den Rücken im Wettbewerb mit privaten Konkurrenten frei zu halten. Erklärtermaßen geht es dabei um die Verhinderung von Dumpinglöhnen bei den künftigen Post-Konkurrenten, tatsächlich aber um nichts anderes, als einen freien Wettbewerb im voraus schon einseitig zu reglementieren. Schließlich ist es gerade die Post AG, die jenseits ihrer Tarifbeschäftigten über externe Dienstleistungsunternehmen eine Unzahl von Billiglöhnern beschäftigt, die in ihrer materiellen Grundversorgung mehrheitlich vom Staat mit Hartz IV alimentiert werden. Und diese Mini-Unternehmen, oftmals nur ein Mann mit Lieferwagen, scheren sich einen Kehricht um Tarife. Die Verständigung zwischen der Post AG und Verdi soll nun quasi Gesetzeskraft bekommen, wenn auch unter Ausschluss der großen privaten Zustellunternehmen, hinter denen häufig Zeitungsverlage stecken, die mit dieser additiven Dienstleistung ihre Zustellernetze besser auszulasten versuchen. Es scheint so, als habe Wirtschaftsminister Glos nun mit der Wandlung des ursprünglich vorgeschlagenen Begriffs "Postdienstleister³ in "Briefdienstleister³ der privaten Wirtschaft einen Bärendienst erwiesen. Zwar sind alle einschlägigen Vereinbarungen, die jetzt folgen, zunächst einmal Muster ohne Wert. Mit dieser Formulierung wären aber künftig alle, die jemals einen Brief tragen, gesetzlich und tarifvertraglich als Brief-Träger zu betrachten; wenn es denn je einen Mindestlohn für diese Branche und einen Tarifvertrag für alle Beschäftigten gibt. Gekniffen sind am Ende die Zusteller selbst ¬ und wieder mal die Verbraucher, die bei gleicher Leistung höhere Preise bezahlen müssen.
Originaltext: Allgemeine Zeitung Mainz Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65597 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65597.rss2
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