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WAZ: Wovor wir uns fürchten: Angst als Auftrag - Leitartikel von Christopher Onkelbach

Geschrieben am 06-09-2007

Essen (ots) - Jede Zeit hat ihre Ängste. Hunger, Krieg, der Osten,
die Atombombe - so lauteten die Furcht erregenden Schlagworte in der
Vergangenheit. Heute ist es: Terror. Die Mehrheit der Deutschen fühlt
sich vom Terrorismus bedroht, ergab eine Umfrage. Sicher, die Medien
dieser Tage waren voll von den Taten der RAF, man sah die Bilder
wieder von Hanns Martin Schleyer, von den Geiseln in der entführten
Lufthansamaschine, von den Olympischen Spielen in München 1972, als
palästinensische Terroristen den Frieden des Sportfests zerstörten.

Jeden Tag sehen wir die Bilder des Terrors, sie kommen aus aller
Welt zu uns. Aus dem Sudan, aus dem Irak, aus Tschetschenien,
Pakistan oder Afghanistan. Und da sich der Schrecken endlos
wiederholt, können wir die Orte und die Taten kaum noch
unterscheiden. Der Terror ist gleichzeitig und überall, so erscheint
es uns in der globalisierten Welt. Und nun auch noch die Festnahmen
im sauerländischen Medebach. Terroristen direkt vor unserer Haustür?
Wer sollte sich da nicht fürchten?

Dennoch: Wir wohnen zwar nicht auf einer Insel der Seligen und
Friedfertigen, doch lebt es sich in Deutschland immer noch sicher und
beschützt. Die Furcht vor dem Terror entspricht kaum der realen
Bedrohung. Dennoch ist die Angst real. Sie mag zwar unbegründet sein,
wirksam aber ist sie dennoch, privat und politisch. Sie lässt uns
nachts unsere Haustüren abschließen oder Politikern vertrauen, die
uns Sicherheit versprechen. Angst macht passiv. Sie lässt uns suchen
nach jemandem, der stark genug erscheint, sie uns zu nehmen. So lässt
sich die Furcht der Menschen für viele Zwecke ausnutzen.

Doch lässt sich dieses lähmende Gefühl auch positiv wenden. Angst
macht erfinderisch, kreativ. Studien beweisen: Wer gebildet und
informiert ist, wer also die Hintergründe durchschaut und die
Zusammenhänge versteht, ist weniger furchtsam. In einer Welt, in der
jeden Moment die Scheinwerfer eine neue Katastrophe irgendwo auf dem
Globus beleuchten, ist das nicht wenig.

Andere Umfragewerte sollten uns beinahe mehr Sorgen bereiten:
Wenn die Furcht vor steigenden Lebenshaltungskosten, vor
Naturkatastrophen und dem Pflegefall im Alter fast ebenso groß ist
wie die vor dem Terror, spricht daraus ein grundsätzliches Misstrauen
gegenüber der Gestaltungskraft der Politik. Es fehlt offenbar das
Vertrauen darin, dass sie die Zukunftsaufgaben wie Arbeit,
Klimawandel und Altersversorgung lösen kann. Hier wird die Angst der
Menschen zum politischen Auftrag.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de


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