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WAZ: Tarifkonflikt im Einzelhandel: Wenn Streik zum Armutszeugnis wird - Leitartikel von Ulrich Horn

Geschrieben am 24-07-2007

Essen (ots) - Die Wirtschaft brummt zwar wieder. Dennoch sind die
harten Zeiten für die Gewerkschaften noch längst nicht vorbei. Nach
wie vor leiden sie unter Problemen, die sie zu lange verdrängt und
vor sich hergeschoben haben.

Ein Teil dieser Schwierigkeiten ergibt sich aus der nach wie vor
hohen Arbeitslosigkeit. Sie lässt wenig Spielraum für eine
Tarifpolitik, die ihren Erfolg an hohen Lohnabschlüssen bemisst. In
den vergangenen Jahren waren die Gewerkschaften vor allem damit
beschäftigt, den Stellenabbau zu begrenzen. Ein Erfolg war es oft
schon, wenn ein Teil der Stellen, die auf der Kippe standen, gerettet
werden konnte. Die Kehrseite der Medaille: Wer Lohnverzicht statt
Lohnerhöhung, längere statt kürzere Arbeitszeit vertreten muss, kann
kaum mit Jubel und Zulauf rechnen. Kein Wunder also, dass die einst
so machtvolle Gewerkschaftsbewegung viel Anziehungskraft verloren
hat.

Besonders krass betroffen ist Verdi. Beim Wandel von der
Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft hätte sie der große
Profiteur unter den Gewerkschaften sein können. Stattdessen stellt
sie heute traurig fest, dass sie im Einzelhandel, einem
Dienstleistungsschwerpunkt, kaum noch streikfähig ist. Ein
Armutszeugnis. Und kein Einzelfall: In manch anderem ihrer
zahlreichen Organisationsbereiche sieht es kaum besser aus. Auch dem
Stellenabbau im öffentlichen Dienst hat Verdi nur wenig
entgegenzusetzen. Die Welle der Privatisierungen setzt ihr ebenfalls
zu.

Die Verhältnisse, die Verdi in vielen Betrieben zu Recht beklagt,
hat sie zwar nicht selbst geschaffen. Dass die Gewerkschaft nicht die
Kraft aufbringt, sich erfolgreich gegen diese Entwicklungen zu
stemmen, muss sie sich jedoch zum großen Teil zurechnen lassen. Seit
Jahren lebt sie über ihre Verhältnisse. Ihre Organisation ist zu groß
und zu teuer. Die vielen Bezirks- und Bereichsvorstände konkurrieren
miteinander und blockieren sich nicht selten. Konzepte, den
Mitgliederschwund zu bremsen, tragen bisher kaum Früchte. Eine
schlagkräftige Organisation sieht anders aus.

Verdis Schwäche trifft auch die Beschäftigten im Einzelhandel,
die sich vernünftige Arbeitsbedingungen und Löhne wünschen. Den
meisten dürfte klar sein, dass die Bäume in ihrer Branche nicht in
den Himmel wachsen. Und die Arbeitgeber? Sie sollten nicht übersehen:
Viele Kunden erwarten qualifizierte Beratung. Sie hat ihren Preis.
Leider hat der Kunde heute schon oft den Eindruck, dass sein Kaufhaus
immer mehr einem Selbstbedienungsladen gleicht.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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