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Westdeutsche Zeitung: Steinmeier = von Alexander Marinos

Geschrieben am 30-01-2007

Düsseldorf (ots) - Je länger der Bart, desto größer die Gefahr?
Hand aufs Herz: Einer, der wie Murat Kurnaz aussieht, befremdet uns,
weckt Ängste. Man ist geneigt, einem im Vergleich dazu "anständig"
wirkenden Außenminister wie Frank-Walter Steinmeier nachzusehen, dass
er als Kanzleramtschef den Bremer Türken einst in Guantanamo schmoren
ließ. Aber die nach Aktenlage objektiv feststellbare Schuld eines
Mitglieds der rot-grünen Regierung, die besonders hohe moralische
Maßstäbe für sich in Anspruch nahm, verbietet eine solche Nachsicht.
In der Tat gab es 2002 Hinweise darauf, dass Kurnaz ein
Terroristenhelfer gewesen sein könnte. Doch der Verdacht war schnell
entkräftet: Der Mann stellte sich als harmlos heraus. Dennoch
hintertrieben deutsche Behörden die Entlassung von Kurnaz durch die
Amerikaner. Später versuchten sie, den haltlosen Verdächtigungen neue
Nahrung zu geben. Im Ergebnis war Kurnaz den US-amerikanischen
Misshandlungen noch länger ausgesetzt.
Zugegeben: Kurz nach dem 11. September 2001 war die Sicherheitslage
auch in Deutschland angespannt. Der Bundesregierung musste es darum
gehen, jeder potenziellen Gefahr entgegenzutreten. Kurnaz deswegen
jedoch ausgerechnet in jener Folterhaft zu lassen, die Rot/Grün in
allen politischen Reden von morgens bis abends zu Recht anprangerte,
war schon damals verwerflich. Heute wäre es das um so mehr, da die
Unschuld von Kurnaz juristisch erwiesen ist und man sein in
Guantanamo erlittenes Schicksal genauer kennt. Wie Steinmeier sich
vor diesem Hintergrund hinstellen und in einer für ihn ungewöhnlichen
Kaltschnäuzigkeit sagen kann, er würde heute wieder genau so handeln,
ist nicht nachvollziehbar.
Der Außenminister wird damit nicht durchkommen. Nicht zuletzt die
Union wird ihm das nicht durchgehen lassen. Noch hält die Kanzlerin
ihre schützende Hand über Steinmeier, weil sie mit ihm persönlich gut
kann, weil er ein Stützpfeiler dieser Koalition ist und weil sie
während der EU-Ratspräsidentschaft einen starken Außenminister
braucht. Doch in der Unionsfraktion nimmt der Unmut zu. Dort hat man
den für sie bitteren Anti-Bush-Wahlkampf 2002 nicht vergessen.
Steinmeier hat nur eine Möglichkeit, Dampf aus dem Kessel zu lassen:
Er muss seine Versäumnisse zugeben und sich dafür entschuldigen
möglichst bald.
Guten Politikern kann man Fehler verzeihen. Unverzeihlich ist allein
das Leugnen von Fehlern.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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Telefon: 0211/ 8382-2526
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