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LVZ: Streit um Hitler-Film

Geschrieben am 04-01-2007

Leipzig (ots) - Unser Dilemma
Von Peter Korfmacher
Darf man lachen über Adolf Hitler, den Mann, der sechs Millionen
Juden ermorden ließ? Dessen Krieg 55 Millionen Menschen das Leben
kostete? Eignen sich Töten und Sterben als Objekt von Satire? Und
wenn ja, was kann sie dann leisten?
Die Fragen sind so alt wie das bizarre Phänomen, jenes ins Un-, ja
Übermenschliche gesteigerte Monster, dem Filmemacher Dani Levy in der
Komödie "Mein Führer" nahezukommen versucht. Und nur der Umstand,
dass ausgerechnet Helge Schneider, der große Irrsinnige der
Mediengesellschaft, die Inkarnation des vielseitigen Mittelmaßes, des
groben Unfugs, nun in die Rolle des braunen Dämons schlüpft, lässt
die Wellen der Empörung besonders hoch schlagen.
Im Grunde aber wurde unlängst die gleiche Debatte geführt, durch
Bruno Ganz im Bunker entzündet an der Frage:Darf man mit Hitler
leiden? Es sind dies die Seiten ein und derselben Medaille. Denn
beide, Leiden und Lachen, sind Ausweis von Menschlichkeit. Und
Menschlichkeit, sie kann doch nicht die Kategorie sein, in der das
Böse sich vermessen ließe.
Genau da liegt unser Dilemma, dem sich die Aufarbeitung der
Vergangenheit, unserer Vergangenheit, immer wieder gegenübersieht.
Denn er ist unbequem, der Gedanke, dass er auch nur ein Mensch war,
der Diktator aus Braunau am Inn, dass auch er in der Badewanne saß
und auf dem Klo, wie Walter Moers es in seinem Clip "Der Bonker"
zeigt. Und wenn er auch nur ein Mensch war, fällt es weit schwerer,
mit der eigenen Schuld umzugehen. Weil keine unentrinnbare Macht der
Finsternis die Welt und ihre Werte aus den Angeln gehoben hat,
sondern einer, dem andere bereitwillig folgten.
Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie immer neu. Denn
natürlich wurde immer schon gelacht über Hitler. Wahrscheinlich nie
lauter als 1940 über Charlie Chaplin als "Der große Diktator" - der
seinem Gegenstand wohl eher gerecht wurde als Bruno Ganz. Weil er
jene Distanz herstellte, die Erkennen bedingt.
Allerdings fühlte sich Hollywood vor Pearl Harbour noch wohl in der
Illusion, es ginge die USA letztlich nichts an, was da im Deutschen
Reich geschah. Der Holocaust hatte begonnen, war aber auf der anderen
Seite des Großen Teiches bis dato nur als Gerücht angekommen. Und so
lachte man über einen Irren und die, die ihm folgten. Man lachte
nicht über die Opfer. Doch ist das heute anders? Kaum. Niemand
beschmutzt das Andenken der Toten, wenn er ihren Mörder karikiert.
Insofern sollte man die Luft aus der Debatte lassen. Auf dass ein
jeder selbst entscheide, worüber er lachen kann und mag - und worüber
nicht.
Das alles hat nichts zu tun mit der Qualität des Filmes. Nichts
damit, dass Bruno Ganz wohl ein besserer Schauspieler ist als Helge
Schneider. Eher damit, ob Dani Levy seine Aufgabe ernst nimmt. Denn
eines wäre fahrlässig: Das Phänomen Hitler im Dienste des schnellen
Kassen-Erfolges zu banalisieren.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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