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LVZ: Leipziger Volkszeitung zum Saddam-Urteil

Geschrieben am 05-11-2006

Leipzig (ots) - Größenwahn
Von Roland Herold Dass mit Saddam Hussein nun einen weiteren
grausamen Diktatoren sein Schicksal ereilt, ist eine gute Nachricht.
Saddam blickt auf eine schillernde Biografie zurück, die von der
typischen Mischung aus Größenwahn und durch Gewalt erreichten
politischen Erfolg gekennzeichnet ist. Der selbst ernannte neue
Saladin putschte sich an die Spitze von Baath-Partei und irakischer
Regierung, um zum Schluss doch als erbärmliche Kreatur zu enden, die
von US-Spezialeinheiten aus einem schmutzigen Erdloch gezogen wurde.
Nun soll er sogar sterben wie ein Strauchdieb.
Dem einstigen Verbündeten des Westens wurden weniger die Massaker an
den Schiiten seines Landes oder der Überfall auf den Kuwait zum
Verhängnis. Saddam hatte keine Atomwaffen, kaum Biowaffen und ein
Verbündeter der Terrororganisation El Kaida war er auch nicht. Aber
er ließ den Westen trotz gleichzeitiger Dementis bewusst in dem
Glauben daran. Er pokerte zu hoch, ohne zu erkennen, dass die
Niederlage in diesem Spiel nur eine Frage der Zeit war. Seine
öffentlich demons-
trierte und von Unberechenbarkeit gekennzeichnete Herrschaft über die
Waffe Erdöl war eine weitere wichtige Ursache, die seinen Sturz
beschleunigte.
Bis zuletzt hatte sich die Verteidigung des Diktators gegen eine
Verurteilung kurz vor den US-Kongresswahlen gewehrt. Selbst
Beobachter hatten nicht mit einer derart schnellen Entscheidung in
dem von Tumulten gekennzeichneten Verfahren gerechnet. Denn nun kann
ein zweiter Prozess gegen Saddam wegen Verbrechen an den Kurden nicht
zu Ende gebracht werden. Dennoch darf die politische Wirkung des
Urteils nicht überschätzt werden. So ist das Verfahren weder ein
Schlussstrich unter die Irakkrise, noch das Signal zum
Befreiungsschlag für die Anhänger Saddams. Der Irak wird nach dem
Urteil nicht befriedet, aber auch nicht weiter als bisher ins Chaos
sinken. So gesehen wäre eine lebenslange Freiheitsstrafe kein
politisches Desaster gewesen, sondern ein Sieg der Humanität über die
Unmenschlichkeit.
Für US-Präsident Bush ist die Verurteilung Saddams ohne Frage ein
dringend benötigter politischer Erfolg. Doch wird er eben dadurch
geschmälert, dass der vom Diktator befreite Irak nach wie vor
unregierbar ist. An die Stelle des einstigen Erzfeindes sind mit dem
Iran und Nordkorea zwei neue in den Mittelpunkt gerückt. Mehr noch,
die Fähigkeit der Supermacht USA und ihrer Verbündeten Krisen zu
regeln, hat im Irak eher Schaden genommen. Die vermeintliche Achse
des Bösen ist mit militärischer Gewalt allein nicht zu zerschlagen.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
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Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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