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Berliner Morgenpost: Es geht um die Kinder, nicht um die Eltern -leitartikel

Geschrieben am 03-12-2009

Berlin (ots) - Früher war klar: Eine Familie, das sind Vater,
Mutter, Kind und Trauschein. Die Lebenswirklichkeit ist natürlich
längst eine andere. Aber Familienmodelle ändern sich schneller als
der rechtliche Rahmen, in denen sie funktionieren müssen. Ehen werden
heute fast so häufig getrennt wie geschlossen - vor fünfzig Jahren
lag die Scheidungsrate in Deutschland bei 8 Prozent. Und war damals
ein uneheliches Kind noch die betuschelte Ausnahme, so wird heute
jedes dritte Kind unehelich geboren.
Ob verheiratet oder nicht: Wenn sich Eltern trennen, muss das Wohl
des Kindes im Mittelpunkt stehen. Auch dafür steht das gemeinsame
Sorgerecht. Doch werden ledige Väter in Deutschland bislang vom Recht
- und der Pflicht - sich um ihre Kinder auch nach einer Trennung zu
kümmern, ausgenommen - wenn die Mütter es so wollen. Unsere
Rechtsprechung billigt im Streitfall immer den Frauen das alleinige
Sorgerecht zu. Egal, ob die Eltern nur eine flüchtige Beziehung
hatten oder jahrelang gemeinsam ihr Kind großzogen. Doch diese
Rechtsprechung, so entschied nun der Europäische
Menschrechtsgerichtshof, diskriminiert die unverheirateten Väter.
Nun muss in Deutschland nachgebessert, müssen die Rechte
unverheirateter Männer gestärkt werden. Das ist eine große Chance -
vor allem für die Kinder. Häufig stehen sie im Mittelpunkt des
Trennungskonflikts der Eltern, werden sie als Druckmittel
missbraucht, fügen sich nicht nur die Partner gegenseitig
Verletzungen zu, sondern auch ihren Kindern. Für Eltern ist eine
Trennung schlimm, für Kinder ist sie häufig eine Katastrophe. Diese
zu mildern, muss das Ziel sein. Natürlich gibt es Väter, die sich
weder um Rechte und Pflichten, noch um das Kindswohl scheren. Und
natürlich gibt es Väter, die nur aus Trotz, Prinzip und Narzissmus
auf ein gemeinsames Sorgerecht pochen. Aber es gibt eben auch viele
unverheiratete Männer, die auf ihr Sorgerecht verzichten müssen,
obwohl sie vielleicht schlechte Lebenspartner aber doch gute,
liebevolle, fürsorgliche Väter sind. All das gilt ebenso für Mütter -
mit dem Unterschied, dass man ihnen eben unterschiedslos die Kinder
anvertraut.
Ein der gesellschaftlichen Wirklichkeit angepasstes Sorgerecht ist
überfällig. Wobei Väter, die nicht als Väter taugen, auch künftig
außen vor bleiben sollten. Nichts, was Juristen nicht regeln könnten.
Viel wichtiger wäre aber, dass Eltern ihre Kinder nicht auf das
Beziehungsschlachtfeld zerren, dass sie vor dem Gang zum Richter erst
einmal Beratungs- und Moderationsangebote annehmen, von denen es
leider längst noch nicht genügend gibt. Vor dem Hintergrund einer
neuen Rechtslage sollten die Zwischeninstanzen gestärkt werden, die
Paaren bei einer friedlichen Einigung helfen können, ihnen einen Weg
der Zusammenarbeit aufzeigen, auch wenn sie nicht mehr zusammen
leben.
Unterm Strich bleibt eine Erkenntnis: Beim Sorgerecht geht es um das
Wohl der Kinder. Nicht um das der Eltern.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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