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Berliner Morgenpost: Der Geist von Meseberg soll die Koalition beflügeln - Leitartikel

Geschrieben am 18-11-2009

Berlin (ots) - Ein paar Termine haben sie festgelegt, dazu
Kommissionen eingesetzt und auch noch einige Zuständigkeiten
innerhalb der Regierung geklärt. Allenfalls die Ankündigung, dass
nach dem Vorbild der konzertierten Aktion aus den 70er-Jahren im
Dezember Regierung, Wirtschaft, Banken und Gewerkschaften gemeinsam
über weitere Auswege aus der Wirtschaftskrise beraten werden, konnte
ein wenig überraschen. Das war's inhaltlich aber auch schon, was sich
Schwarz-Gelb - kaum gewählt - in ihrer ersten Klausur im
brandenburgischen Schloss Meseberg erarbeitet hat. Wahrlich nicht
viel. Aber der wahre Zweck des Treffens auf dem Lande mit
Übernachtung war ja auch ein anderer.
So disharmonisch und widersprüchlich sich CDU, CSU und FDP in den
ersten Wochen ihrer doch eigentlichen Wunschpartnerschaft dem
staunenden Volk präsentiert haben, wurde es höchste Zeit für eine
therapeutische Sitzung. Von der Notwendigkeit, die Teamfähigkeit zu
fördern, sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel. Vizekanzler Guido
Westerwelle davon, das Betriebsklima zu pflegen. Beides haben die
Koalitionäre bitter nötig. Ob das bessere Kennen- und Verstehenlernen
samt bestärktem Gefühl um die gemeinsame Verantwortung für Erfolg
oder Scheitern der ersten bürgerlichen Koalition nach elf Jahren
gelungen ist, bleibt abzuwarten. Einsichtig zumindest zeigten sich
beide. Dabei wurde allerdings die Personalie, die schon in der großen
Koalition für erheblichen Zündstoff gesorgt hatte, durch das probate
Mittel der Nichtbehandlung entschärft; wenn auch nur vorübergehend.
Im Streit um die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika
Steinbach, hat sich Westerwelle als Außenminister aber schon so
verrannt, dass man an seinem diplomatischen Geschick zweifeln darf
wie daran, dass die Koalition für diese Personalie noch einen
versöhnlichen Ausweg findet.
Sie ist natürlich von eher bescheidener Bedeutung angesichts der
Gesamtherausforderung an das Führungsduo Merkel/Westerwelle. Die
beiden müssen es schaffen, die Wirtschaft wieder auf Touren zu
bringen, um mehr Menschen in Arbeit zu bringen und damit zugleich
mehr Geld in die Staatskasse zur Umsetzung der eigenen Absichten. In
dieses große Ziel fügt sich der angekündigte Wirtschaftskrisengipfel
als flankierende Unterstützung. Auch in diesem Zusammenhang waren die
bisherigen verbalen Querelen innerhalb der Koalition zur künftigen
Steuer-, Verschuldungs- und Gesundheitspolitik höchst ärgerlich und
unproduktiv. Ernst kann die Diskussion erst werden, wenn das
Datenmaterial verlässlicher als bislang ist. Realitäten zählen, kein
Wunschdenken.
Es ist deshalb auch völlig überzogen, nach nur ein paar
Regierungswochen ein fertiges, grundlegend verändertes Steuer- oder
Gesundheitssystem zu verlangen. Auch diese Regierung braucht Zeit für
Reformen, für die sie von den Wählern ein Mandat hat. Die Zeit ist
allerdings knapp und darf nicht durch parteiliche oder ministerielle
Egoismen vergeudet werden. Wenn sich in der "Gruppentherapie" von
Meseberg diese Einsicht durchgesetzt hat, hat sich die Fahrt in die
Mark tatsächlich gelohnt.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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