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Berliner Morgenpost: Ein Warnschuss war's - mehr hoffentlich nicht - Leitartikel

Geschrieben am 30-10-2009

Berlin (ots) - Ein schmutziges Geschäft ist Politik natürlich
nicht. Wohl aber ein spannendes, nicht exakt planbares, auch ein sehr
menschliches kann es sein. Beispielhaft dafür der gestrige
thüringische Landtag. Erst im dritten Wahlgang wurde Christine
Lieberknecht zur zweiten Ministerpräsidentin Deutschlands und zur
ersten mit CDU-Parteibuch gewählt. Anders als vor vier Jahren Heide
Simonis in Kiel, wurde Frau Lieberknecht nicht politisch "gemordet".
Ihre Wahl erst im dritten Abstimmungsgang war zwar sehr überraschend,
auch ein deutliches Zeichen für wohl politische wie menschliche
Enttäuschungen einiger Abgeordneter in der künftigen schwarz-roten
Koalition. Aber als es dann um die Entscheidung ging, obsiegte die
neue starke Frau in Erfurt, weil sich die Abgeordneten der
demokratischen Parteien einvernehmlich ihrer Verantwortung bewusst
wurden.
Vor die Alternative gestellt, die erste christdemokratische
Ministerpräsidentin oder mit Bodo Ramelow erstmals einen
Regierungschef der Linkspartei und damit einen Erbfolger der SED zu
wählen, fiel das Votum erfreulich deutlich aus. Damit sind die
Mehrheitsverhältnisse und auch die Fronten, wenn es drauf ankommt,
geklärt. Der sich von Matschies SPD verraten gefühlte Ramelow kann
nicht länger behaupten, Schwarz-Rot hätte keine wirkliche Mehrheit im
Parlament wie im Lande. Er bekam bei der Stichwahl allein die Stimmen
aus den eigenen Reihen plus nur einer aus dem anderen Lager. Mit
seiner Gegenkandidatur hat Ramelow letztlich den Beweis der eigenen
Machtlosigkeit provoziert. Ihn ehrt, dass er Frau Lieberknecht
öffentlich seinen Respekt bezeugt hat.
Der neuen Regierungschefin, ausgestattet mit weit sensiblerer
Menschenkenntnis als ihr selbstgerechter Vorgänger Dieter Althaus,
schwante offenbar, dass ihre Wahl kein Selbstläufer werden würde.
Manche Abgeordnete in der SPD-Fraktion hätten lieber mit der
Linkspartei koaliert, in den eigenen CDU-Reihen waren Enttäuschungen
unvermeidlich, weil weit weniger Regierungsposten zu vergeben sind
als in der abgewählten Alleinregierung Althaus. Angesichts dieser
politischen wie menschlichen Unwägbarkeiten ist es ein kluger,
zumindest nachvollziehbarer Schachzug der Ministerpräsidentin, die
ihrer Partei verbleibenden Regierungsämter erst nach der eigenen,
zweifellos holperigen Amtsübernahme zu verteilen. Auch in der Politik
kann hin und wieder die gute alte Lebensweisheit gelten, dass
Vorsicht die Mutter der Porzellankiste ist.
Nach ihrer schweren Wahlschlappe hat sich Thüringens CDU dank der SPD
doch noch zurück in die Regierung gerettet. Ohne ihre auf Ausgleich
und Kompromiss bedachte Spitzenfrau wäre der Union das nicht
gelungen. Der neue, mit Christine Lieberknecht nicht länger auf
Konfrontation und Überheblichkeit angelegte Regierungsstil wird
Thüringen guttun. Das Land gehört neben Sachsen zu den beiden
erfolgreichen im Osten. Die neue Koalition schafft bessere
Voraussetzungen als die rot-rote Alternative, dass es so bleibt.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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