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Berliner Morgenpost: Auf dem Weg zur ewigen Kanzlerin

Geschrieben am 27-10-2009

Berlin (ots) - Angela Merkel wird heute vereidigt. Zum zweiten
Mal. Dass es auch das letzte Mal sein könnte, darauf deutet derzeit
wenig. Die ewige Kanzlerin, ein Titel, den zu erringen man ihr auch
noch zutrauen kann. Sie hat den nötigen Sinn für die politischen
Realitäten, die taktische Finesse, Klugheit, auch das Sitzfleisch.
Das war so nicht zu erwarten. Wer Angela Merkel aus der Ferne agieren
sah, damals zu Zeiten Helmut Kohls, als Frauen-, als
Umweltministerin, der hätte ihr diesen Weg niemals zugetraut.
Kanzler? Die waren aus ganz anderem Holz geschnitzt. Außerdem waren
es Männer. Die hier, die war ja kaum zu unterscheiden von Frau Nolte.
Und von Frau Nebenan.
Es ist eines der unbestreitbaren Verdienste Angela Merkels, dass sie
eben genau das vorstellbar gemacht hat. Dass Frau Nachbarin Kanzler
wird. Dass man dazu nicht entweder hochwohlgeboren oder
kriegsversehrt, mindestens aber ein fintenreicher Kraftprotz sein
muss. Angela Merkel ist der Anti-Adenauer, der Anti-Schmidt, der
Anti-Schröder, ein wenig auch der Anti-Kohl, aber das weniger
deutlich.
Helmut Kohl war ja im Grunde kein Macho-Macher, sondern eher ein
sensibler Kenner der Machtmechanismen. Dünne Haut. Seilschaften zu
bilden, Einvernehmen herzustellen, im Zweifel auch Wagenburgen zu
bauen, das beherrschte der Pfälzer wie kein Zweiter. Angela Merkel
hat sich vieles bei ihm abgeschaut.
Dabei profitiert sie von dem größeren Abstand, den sie zu sich selbst
behalten hat. Sie ist, anders als Kohl, fähig zu öffentlicher
Selbstironie. Das macht sie weniger angreifbar. Kohl war leicht
beleidigt, eingeschnappt, im Zweifel auch fähig zum Jähzorn. Hinter
Kritik witterte er Intrige und Ablehnung, nicht Konstruktivität.
Merkel hat ein viel differenzierteres Gespür für jene Menschen, die
ihr vielleicht nicht nahestehen, ihr aber auch nicht übelwollen. Auch
das hilft der Kanzlerin, bei sich zu bleiben, allem Höhenflug zum
Trotz.
Wenn ein Politiker authentisch ist im Fallgestrick der Berliner
Republik, dann ist es Merkel. Auch deshalb hat sie viele
Sympathisanten weit über das engere Umfeld hinaus. In der SPD. Bei
den Grünen. Gegner findet man eher im eigenen Lager. Wenn man sie
noch findet. Von Friedrich Merz redet schon keiner mehr.
Vielleicht ist das eine Schwäche. Dass Merkel es nicht geschafft hat
in den Jahren, in denen sie den CDU-Vorsitz innehat, auch die
strenger Konservativen und Marktradikalen einzubinden in ihr
Geflecht. Die misstrauen ihr weiterhin. Dass das Wahlergebnis der
Union ausfällt, wie es jetzt zweimal ausgefallen ist, liegt auch an
diesem Umstand. Es wird ein internes Ziel ihrer zweiten Amtszeit sein
müssen, diesen Flügel der CDU nicht ganz zu verlieren. Unterm Strich
aber: Es ist einer der großen Vorteile Angela Merkels, dass sie die
Präsidentenkanzlerin nicht spielen muss. Sie ist die
Präsidentenkanzlerin. Sie ist, wenn es so etwas überhaupt gibt in der
deutschen Politik, weitgehend ideologiefrei. Naturwissenschaftlerin.
Probleme sind durch Denken lösbar. Häufig gibt es sogar sehr
unterschiedliche Wege, um an das richtige Ziel zu gelangen. Und so
regiert sie auch. Ab heute weitere vier Jahre. Mindestens.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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