(Registrieren)

Neue Westfälische: KOMMENTAR Koalitionswechsel Der Vertrag trifft die Kleinen CARSTEN HEIL

Geschrieben am 25-10-2009

Bielefeld (ots) - Wenn sich zwei politische Parteien mit ihren
unterschiedlichen Programmen und Vorstellungen zusammenraufen, um
gemeinsam eine neue Bundesregierung zu gründen, ist das ein
historischer Moment. Für die aktuelle Situation gilt das umso mehr,
als es sich um den Abschluss eines Kapitels deutscher Geschichte
handelt.
Immerhin elf Jahre lang hat die SPD die Geschicke des Landes
maßgeblich bestimmt: Zunächst von 1998 bis 2002 waren die
Regierungsverantwortlichen geradezu beseelt von ihrem rot-grünen
Projekt. Die Reformfaulheit der Vorgänger-Regierung Kohl, eigene
Fehler, die harte wirtschaftliche Realität, die katastrophale
Situation am Arbeitsmarkt und extremer außenpolitischer Druck
(Kosovo, Terror, Afghanistan) weckten das Kabinett Schröder/Fischer
aus allen naiven Träumen ("Regieren macht Spaß").
Im zweiten Anlauf bis 2005 waren es die SPD und die Grünen, die mit
den bis heute ungeliebten Agenda-2010-Reformen Deutschland
zukunftsfest gemacht haben. Und nur Rot-Grün konnte das. Wäre die
Union im Jahr 2003 an der Macht gewesen und auf die Idee der Hartz I
bis IV Reformen gekommen, sie hätte den geballten gemeinsamen Zorn
von SPD und Gewerkschaften gespürt. Die Reformen wären wohl gar nicht
durchsetzbar gewesen.
Noch ist unsicher, ob die Sozialdemokraten unter den Spätfolgen der
Verantwortung für die Agenda-Politik nicht doch noch zusammenbrechen.
Die Mehrheit der Wählerschaft wollte die Hartz-Zumutungen nicht.
Schon seit 2004 werden die Genossen bei fast jeder überregionalen
Wahl abgestraft. 2005 rettete sie bei der Bundestagswahl nur die
Arithmetik vor dem kompletten Machtverlust.
Jetzt schicken sich nach zügigen Koalitionsverhandlungen CDU und FDP
an, die Macht zu übernehmen. Längst ist nicht sicher, ob die neuen
Mächtigen tatsächlich alles umsetzen, was sie auf 124 Seiten
vereinbart haben. Genug Hintertürchen haben sie sich offen gelassen.
Die Richtung aber ist klar. Sie unterscheidet sich drastisch von den
vergangenen elf Jahren: Wenn Steuern gesenkt werden (wie jetzt von
Schwarz-Gelb angekündigt), Sozialabgaben im Gegenzug erhöht (wie
angedeutet), dann trifft das eindeutig die kleinen und mittleren
Einkommen. Steuern zahlen viele Kleinverdiener gar nicht,
Krankenkassen-, Pflegeversicherungs-,
Arbeitslosenversicherungsbeiträge aber sehr wohl. Diesen Abgaben
können sich Besserverdienende, Selbstständige und Beamte entziehen.
Andere Beschlüsse wie die Erhöhung des Kinderfreibetrages zielen in
die gleiche Richtung: die obere Hälfte der Bevölkerung wird
gepäppelt, die untere vernachlässigt. Dass das Kindergeld um 20 Euro
erhöht wird, hilft wenig.
Das alles ist natürlich kein offizielles Projekt und es wird immer
wieder Wohltaten für die kleinen Leute geben, weil Schwarz-Gelb nicht
als Regierung der sozialen Kälte dastehen will. Aber die große
Richtung ist klar.

Originaltext: Neue Westfälische
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2

Pressekontakt:
Neue Westfälische
Jörg Rinne
Telefon: 0521 555 276
joerg.rinne@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

232708

weitere Artikel:
  • WAZ: Merkel hilft Rüttgers - Von Berlin nach Düsseldorf. Leitartikel von Ulrich Reitz Essen (ots) - Nach den Wahlen ist vor den Wahlen. Von Berlin nach Düsseldorf. Was bedeutet der Start der neuen Bundesregierung für die Landesregierung in NRW? Für Jürgen Rüttgers ist die Sache glimpflich verlaufen. Schwarz-Gelb in Berlin rollt Schwarz-Gelb in Düsseldorf keine Felsbrocken in den Weg. Dass dies geschehen könnte, war Rüttgers' größte Sorge. Nun bleiben soziale Grausamkeiten, jedenfalls solche, die sich skandalisieren ließen, im Wesentlichen aus, im Gegenteil: Ein (geringer) Teil der Hartz-Vier-Empfänger und Familien zählt mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Koalitionsvertrag: Bielefeld (ots) - Die Wirtschaft zeigt sich zufrieden. Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbände üben Kritik. Diese Reaktionen auf den Koalitionsvertrag überraschen nicht. Doch was ist von dem 124-seitigen Katalog aus Beschlüssen und Absichtserklärungen zu halten? Für alle drei Parteien ist etwas dabei, alle drei Partner mussten aber in den Verhandlungen auch Federn lassen. Einen strahlenden Sieger sucht man vergebens, allen Inszenierungsversuchen von FDP-Chef Guido Westerwelle zum Trotz. Seine Liberalen haben vor allem in Sachen Steuern mehr...

  • Rheinische Post: Schwarz-Gelb - konträr vereint Kommentar Von Gregor Mayntz Düsseldorf (ots) - Schwarz-Gelb steht. Mit den Voten der Parteitage werden die letzten Hürden freudig genommen. Doch die Wunschkoalition löst keine Begeisterung aus. Denn Schwarz-Gelb ist kein emotionales "Projekt", sondern eine Vernunftgemeinschaft, in der die Beteiligten ahnen, dass der Boden der Gemeinsamkeiten brüchig ist. Das zeigt der dramatische Schlussstreit um die Steuerreform. FDP-Chef Westerwelle war entschlossen, die Koalition an der Frage eines Stufentarifs für die Einkommensteuer kurz vor dem Ziel doch noch scheitern zu lassen. mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: Rüttgers: Keine schnelle Reform der Krankenversicherung Köln (ots) - Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers hat betont, dass es keine schnelle Reform des Krankenversicherungssystems geben werde. "Es bleibt erst einmal so, wie es ist", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag-Ausgabe). "Deshalb haben wir ja mit viel Mühe dafür gesorgt, dass es einen Milliarden-Zuschuss für die Krankenkassen gibt und damit keine Beitrags- und Arbeitskostenerhöhungen erforderlich sind", sagte er. "Danach werden wir über Weiterentwicklungen des jetzigen mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Oettinger Osnabrück (ots) - Kein Opa für Europa Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa: Dieser Spruch ist schön, aber inzwischen veraltet. Denn wenn die Opposition auch zetert: Günther Oettinger ist für Brüssel keine schlechte Wahl. Etwas anderes wäre auch fatal. Denn immer wichtigere Entscheidungen stehen auf EU-Ebene an - siehe Haushaltsdefizit oder Bankenregulierung, siehe Opel oder die Türkei. Die Zeiten, in denen mehr oder weniger verdiente Polit-Frührentner abgeschoben wurden, sind deshalb zumindest auf Kommissionsebene vorbei. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht