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WAZ: Jamaika im Saarland - Kampf der Kulturen - Leitartikel von Frank Stenglein

Geschrieben am 12-10-2009

Essen (ots) - Zugegeben, das Saarland ist kaum größer als anderswo
Landkreise, die Politiker sind dort weniger wichtig als sie meinen.
Das ändert nichts daran, dass im kleinsten deutschen Flächenstaat
Geschichte geschrieben wurde. CDU und FDP auf der einen, die Grünen
auf der anderen Seite - trotz kommunaler Annäherungen ist eine solche
Koalition immer noch stark begründungsbedürftig, vor allem für die
Grünen. Dabei geht es weniger um die Öffentlichkeit als vielmehr um
die eigene Basis. Und es geht kaum um Inhalte, sondern um Kulturen
und Milieus, um politische Signale.

Die Inhalte? Sie sind für eine CDU, deren weltanschauliches
Koordinatensystem von der Vorsitzenden geschreddert wurde, das
kleinste Problem. Gestrichene Studiengebühren, Verzicht auf neue
Kohlekraftwerke, weniger Selektionsstress in den Schulen - darf's
noch etwas mehr sein? Die traditionell sozialkatholische, eher linke
Saar-Union räumte Positionen schneller als die Grünen Forderungen
stellen konnten. Ähnlich steht es mit der Prinzipientreue der
schwachen Saar-Liberalen, und umgekehrt fehlen bei den Landesgrünen
linke Hitzköpfe. Seit langem lief es deshalb auf Jamaika hinaus. Die
Rückkehr seines Intimfeinds Oskar Lafontaine war für Grünen-Chef
Hubert Ulrich nur eine willkommene Zusatzbegründung, keinesfalls die
Ursache.

Die Bundes-Grünen sind dennoch bemüht, Jamaika als Experiment, ja
als Betriebsunfall darzustellen. Verständlich. Renate Künast und
Jürgen Trittin sind wie der Großteil der grünen Funktionäre kulturell
und von ihrem Lebensgefühl her links verortet. CDU und vor allem FDP
sind da nur mühsam gesellschaftsfähig, was abgeschwächt auch
umgekehrt gilt. Zwischen linksliberalen grünen Bildungsbürgern und
FDP-nahen Leistungsträgern mag es Gemeinsamkeiten der Herkunft geben,
die Chemie stimmt deshalb noch lange nicht.

Ist das so schlimm? Eigentlich nicht. Politik lebt von
Gegensätzen, auch solchen grundsätzlicher Art. Wenn in Deutschland
bald alle mit allen koalieren können, mag das in einem
strukturkonservativen, streitunlustigen Land Beifall finden. Der
Preis der Konsenssoße könnte jedoch glattgeschliffenes Mittelmaß
sein, regierendes Lavieren an den Problemen vorbei, stets den
kleinsten gemeinsamen Nenner im Auge.

Machtpolitisch hat Jamaika freilich erst einmal Vorteile für die
Beteiligten: eine Option mehr. Bei den Grünen ruft das noch Unbehagen
hervor. Angela Merkel, die kühle Ingenieurin der Macht, ist schon
weiter.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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