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Industrie unterläuft zentrale Bestimmungen der neuen Verpackungsverordnung

Geschrieben am 05-10-2009

Berlin (ots) - Jedes dritte Unternehmen verweigert vorgeschriebene
Angaben zu Menge, Art und Entsorgung der lizenzierten Verpackungen -
Länderbehörden verzichten auf Kontrolle und laden so zum Betrug auf
Kosten der Umwelt ein - Nach ersten Stichproben mahnt Deutsche
Umwelthilfe 44 Unternehmen ab - DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen
Resch fordert Bundesländer auf, das hochwertige Recycling von
Verpackungen durch "systematische Kontrollen und Sanktionen bei
Gesetzesverstößen" sicherzustellen

Die im vergangenen Jahr nach langer Diskussion novellierte
Verpackungsverordnung bringt nach Recherchen der Deutschen
Umwelthilfe e.V (DUH) nicht die erhoffte Transparenz und
Gerechtigkeit für den Entsorgungsmarkt. Im Gegenteil: Die seit
Verabschiedung der 5. Novelle vorgeschriebene Hinterlegung einer so
genannten "Vollständigkeitserklärung" für die in Verkehr gebrachten
Verpackungen wird bisher von rund einem Drittel der verpflichteten
Unternehmen ignoriert.

Die Vollständigkeitserklärungen müssen nach der neuen
Verpackungsverordnung etwa 3.000 bis 4.000 Unternehmen, die
Verkaufsverpackungen einsetzen, jährlich zum 1. Mai bei den örtlich
zuständigen Industrie- und Handelskammern hinterlegen. Die
Erklärungen beinhalten von externen Dritten wie Wirtschaftsprüfern
oder Steuerberatern geprüfte Angaben zu den jeweils von den
Unternehmen für ihre Waren im Vorjahr eingesetzten Verpackungen.
Außerdem müssen die Unternehmen Angaben über die Entsorgung der
Verpackungen machen und über ihre Beteiligung an der so genannten
haushaltsnahen Wertstoffsammlung informieren. Verstöße gegen die
Regelungen, die in § 10 der novellierten Verpackungsverordnung
festgelegt sind, stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die nach dem
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes mit Geldbußen bis zu 50.000
Euro geahndet werden können.

Die DUH hat das Register der Vollständigkeitserklärungen, das
öffentlich zugänglich ist, untersucht und gravierende Missstände bei
der Umsetzung dieses zentralen Bausteins der neuen
Verpackungsverordnung festgestellt. "Vollständig ist an den
Vollständigkeitserklärungen bisher gar nichts", stellte
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch fest. Bis zur vergangenen
Woche (1. Oktober), also fünf Monate nach dem in der Novelle
festgelegten Stichtag, haben nach der DUH-Recherche nur rund 2.000
Unternehmen eine Vollständigkeitserklärung bei den Industrie- und
Handelskammern hinterlegt. "Damit verstößt mindestens jedes dritte
der verpflichteten Unternehmen gegen die Verpackungsverordnung. Diese
Unternehmen verschaffen sich einen ungerechtfertigten
Wettbewerbsvorteil - denn wer darauf verzichtet, seine Verpackungen
korrekt zu lizenzieren und zu melden, spart bares Geld", sagte Resch.

Zuständig für die Kontrolle sowohl der Abgabe der
Vollständigkeitserklärungen, als auch ihrer inhaltlichen Richtigkeit
sind die Bundesländer. Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen,
die bei den Verhandlungen über die 5. Novelle der
Verpackungsverordnung das Recht auf Einsichtnahme in die
Vollständigkeitserklärungen sowie in die hinterlegten
Mengenstromnachweise der verwerteten Verpackungsabfällen gefordert
hatten, waren seinerzeit abgewiesen worden. Die DUH hatte gewarnt,
dass das Instrument der Vollständigkeitserklärungen ohne Einsichts-
und Kontrollmöglichkeiten Dritter ein zahnloser Tiger bleiben werde.
"Ohne Kontrollen und Sanktionen fühlen sich viele Unternehmen zu
Missbrauch und Regelverstößen geradezu eingeladen. Die Informationen
über den erschreckend hohen Anteil an offensichtlich gesetzeswidrig
operierenden Unternehmen bestätigen unsere schlimmsten Befürchtungen.
Die Unternehmen können durch den Verzicht auf vollständige
Offenlegung der von ihnen in Verkehr gebrachten Verpackungen viel
Geld sparen und lassen sich nicht zweimal bitten. Leidtragende sind
die Umwelt und die seriösen Unternehmen", kritisierte Resch.

Aus Sicht der DUH sei bei der vorhandenen Gesetzeslage weitgehend
unklar, nach welcher Systematik und mit welchen Vergleichszahlen die
Behörden die Richtigkeit der Inhalte der hinterlegten
Vollständigkeitserklärungen prüfen können, wenn sie es denn überhaupt
versuchten. Ernüchterndes Ergebnis jahrelanger Anstrengungen für eine
bessere Transparenz bei der Verpackungsentsorgung sei deshalb derzeit
ein unvollständiger und nach wie vor undurchsichtiger
Zahlendschungel, den niemand durchleuchtet.

Auf Basis von Stichproben-Recherchen hat die DUH Unternehmen
ausfindig gemacht, die (bis zum 1. Oktober) keine
Vollständigkeitserklärung abgegeben hatten. Darunter finden sich auch
namhafte Unternehmen wie Black&Decker, Royal Greenland, Bacardi oder
Lands' End. Im Rahmen dieser ersten Stichprobe hat die DUH inzwischen
44 Unternehmen angemahnt, die verspätete Abgabe der
Vollständigkeitserklärungen zu begründen und unverzüglich
nachzuholen. Außerdem hat die Umwelt- und
Verbraucherschutzorganisation die Umweltministerien der Länder über
die Gesetzesverstöße informiert und die Überprüfung und Ahndung der
aufgedeckten Verstöße verlangt.

Die Folgen der fehlenden Transparenz und behördlichen Kontrollen
haben handfeste Folgen: Während die Mengen der tatsächlich entsorgten
Verpackungen etwa gleich bleiben, nimmt die in den dualen Systemen
angemeldete Tonnage - die theoretisch mit der zu entsorgenden Menge
übereinstimmen müsste - mit dem schwindenden Risiko, beim Betrug
erwischt zu werden, konsequent ab. In Deutschland werden jährlich
über sieben Millionen Tonnen Verkaufsverpackungen an private
Endverbraucher abgegeben. Die Verpackungen, die nicht im Rahmen des
Einwegpfandes oder so genannter Branchenlösungen gesammelt und
verwertet werden, machen nach Brancheninformationen mit geschätzten
knapp 6 Millionen Tonnen hiervon den Löwenanteil aus. Diese
Verpackungen müssen bei einem der insgesamt neun bundesweit
zugelassenen dualen Systeme lizenziert und von diesen anschließend
gesammelt und verwertet werden. Doch aktuelle Zahlen aus dem Kreise
der Systembetreiber für das Jahr 2009 belegen, dass nur rund 4
Millionen Tonnen bei den dualen Systemen angemeldet sind. "Fast ein
Drittel der Verpackungen laufen offensichtlich außerhalb des Systems.
Es ist Volkssport unter Unternehmen und deren Beratern geworden,
Verpackungsmengen aus der haushaltsnahen Wertstoffsammlung
wegzudefinieren, um Kosten zu sparen oder neue Kunden zu gewinnen",
konstatiert Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH.
Man müsse kein Prophet sein für die Annahme, dass diese "diffusen
Verpackungsströme sich negativ auf die ökologische Qualität der
Entsorgung auswirken". Die DUH befürchtet besonders im Bereich der
Leichtverpackungen sinkende Recyclingqualitäten, da deren hochwertige
Verwertung für die Systembetreiber die relativ größten Kosten
verursachen.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 3649170, E-Mail:
resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Mobil:
0160 5337376, E-Mail: elander@duh.de

Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171
5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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