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Berliner Morgenpost: Mit einer Niederlage zum Sieg - Leitartikel

Geschrieben am 27-09-2009

Berlin (ots) - Die große Koalition der Kompromisse ist beendet,
die traditionellen Lager der Republik sind wieder hergestellt. Zurück
in die Zukunft - fast zwei Jahrzehnte nach der Ära Kohl und Genscher.
Westerwelle triumphiert, Merkel regiert.
Das Maximalziel ist erreicht. Mit dem Wahlergebnis aber kann niemand
in der Union wirklich zufrieden sein. Merkels Popularität und ihr
Kanzlerbonus sind weitgehend verpufft und konnten nicht in Stimmen
umgewandelt werden. Das präsidiale Auftreten beeindruckt vielleicht
im Ausland, erreicht aber offenbar nicht die Herzen der Menschen in
Deutschland. Auch wenn ein Teil des Stammklientels taktisch gewählt
hat: Mit dem sensationellen Ergebnis der FDP hat sich die von der CDU
vernachlässigte Mitte der Gesellschaft eindrucksvoll zu Wort
gemeldet. Die Union hat ein Problem - und muss aufpassen, dass sie
sich in den nächsten Jahren nicht langsam von der Bühne der großen
Volksparteien verabschiedet.
Die SPD ist auf dem Weg dahin bereits ein ganzes Stück weiter. Ihr
fehlt nach der historischen Niederlage mit bestehendem Personal und
Programm eine wirkliche Perspektive. Steinmeier und Müntefering
wirken mittlerweile wie Platzhalter, die darauf warten, abgeräumt zu
werden. Die Partei steht vor einer Zerreißprobe. Immer wieder wurde
in den vergangenen Wochen parteiintern an alternativen
Personaltableaus gebastelt - mit und ohne Klaus Wowereit,
dessen Partei selbst in Berlin nur noch drittstärkste Kraft ist.
SPD und CDU verlieren, FDP, Linke und Grüne sind stark wie nie. Die
Großen ganz klein, die Kleinen ganz groß. Die vertraute
Koalitionsarithmethik gerät langsam ins Wanken. Unser Land ist eine
Großbaustelle - mitten in der Wirtschaftskrise. Ob Bildung oder
Gesundheit, Sozialsysteme oder Rente, Arbeitsmarkt oder digitale
Revolution, Sicherheits- oder Energiepolitik: Überall sind
Richtungsentscheidungen notwendig - in einem Spagat zwischen
Bezahlbarkeit und Nachhaltigkeit. Angela Merkel wäre es nicht
unangenehm gewesen, vor diesem Hintergrund mit der SPD
weiterzuregieren. Es ist letztlich eine Frage der Zeit, bis sich
unter dem Druck kommender schmerzlicher Einschnitte SPD, Linke und
Grüne gemeinsam formieren und einen. Merkel und Westerwelle haben
vier Jahre Zeit: Sie müssen das Land reformieren, hohe Erwartungen
ihrer Klientel erfüllen und ein erstarkendes linkes Bündnis auf
Distanz halten. Eine schwere Aufgabe.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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