Rheinische Post: Der Wahlkampf wird spannend  Kommentar Von Sven Gösmann
Geschrieben am 28-08-2009 |   
 
    Düsseldorf (ots) - Es ist an der Zeit, mit einem Missverständnis  aufzuräumen: Dieser Wahlkampf ist gar nicht langweilig. Am Sonntag  Abend, wenn die Stimmen im Saarland, in Thüringen und Sachsen  ausgezählt sind, wird eine lautstarke Debatte anheben. Wenn es  ausgeht, wie die allerdings wackeligen Prognosen suggerieren, werden  wir über die Frage streiten, ob Rot-Rot in den Ländern und auch im  Bund die letzte Option von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter  Steinmeier auf die Macht ist. Sollte es anders kommen und  Schwarz-Gelb Triumphe feiern, wird Angela Merkel als vorzeitig  wiedergewählt bejubelt werden. Die SPD wird dann hektisch überlegen,  ob sie auf den letzten Metern noch das Zugpferd wechseln soll. Außerdem werden die Analysten an diesem Super-Wahlsonntag sehr genau  die Ergebnisse der Kommunalwahlen in NRW studieren. 14,4 Millionen  Wahlberechtigte an Rhein und Ruhr könnten zur Wahl gehen. Es werden  weniger sein, aber noch genug, um aus den neuen  Oberbürgermeister-Namen für Köln und Essen, den Ergebnissen aus  Mönchengladbach oder Dortmund abzulesen, wer gerade unter politischer Kreislaufschwäche leidet. Wobei man, das sei heute schon gesagt, bei der Beurteilung der  Kommunalwahlen sehr vorsichtig sein sollte, was deren landes-, erst  recht bundespolitische Aussagekraft angeht. Zu sehr prägte  meistenorts der Streit über lokale Themen und Kandidaten die  Diskussion - und das ist auch gut so, denn es ist der Sinn von  Kommunalwahlen. Bleibt also der Blick auf die drei Bundesländer Saarland, Thüringen  und Sachsen, die sonst eher im Schatten der Betrachtung politischer  Großzusammenhänge bleiben. Das Saarland, von Größe, Bevölkerungszahl  und Wirtschaftskraft ein besserer Landkreis am Niederrhein, wird  durch das Duell Oskar gegen den Rest der Welt zum Ereignis. Zudem  haben Thüringens Althaus und Sachsens Tillich mit Schicksal und  Affäre Blicke auf sich gezogen. Das Bundestagswahl-Ergebnis wird zwar noch nicht verraten, aber wir  werden etwas klüger sein: Weichen die Sozialdemokraten ihr Mäuerchen  zur Linkspartei weiter auf, so dass Steinmeier mit Rot-Rot-Grün eine  realistische Machtperspektive bekäme? Mobilisierte das eher das  schwarz-gelbe Lager, schreckte es mehr linke Wähler ab, als es sie  vielleicht Steinmeier zutriebe? Darüber hinaus aber gibt es im Wahlkampf mehr Inhalte, als die  politische Klasse und wir Journalisten sie entdecken wollen.  Steinmeiers Deutschland-Plan ist eine Bestandsaufnahme aus  sozialdemokratischer Sicht, mit Handlungsvorschlägen und allerlei  Visionen. Diese muss man nicht teilen, aber honorieren, indem man  sich mit ihnen auseinandersetzt. Gleiches gilt übrigens auch für den  Wahlkampf der Unions-Kanzlerin. Angela Merkel trägt in ihrer  Handtasche stets ein zerlesenes Exemplar des Regierungsprogramms von  CDU und CSU mit sich herum. Darin steht vieles, was als Entwurf aus  dem Hause des Wirtschaftsministers zwar große Aufregung auslöst,  sonst aber nicht wahrgenommen wird. Stattdessen schwadronieren  Merkel-Kritiker wie der ZDF-Chefredakteur Brender von "respektlosem  Verhalten der Kanzlerin gegenüber dem Wähler". Er, leider aber auch  kluge Köpfe wie der Junge-Union-Chef Philipp Missfelder (das war mal  der mit der Hüfte), verwechseln Politik in Fernseh-Talkshows mit  echter Politik. Auch ich habe zwar in schwachen Momenten Sehnsucht  nach Gerhard Schröder -  allerdings nur nach dem Entertainer der  Schlämmer-Klasse als Pausenfüller. Doch die Zeiten sind anders. Die Deutschen haben in ihrer Mehrheit  das Gefühl, dass sie von der nüchternen Merkel, dem schnoddrigen  Steinbrück, dem eleganten Guttenberg, selbst vom drögen Steinmeier  halbwegs ordentlich durch die Krise verwaltet werden. Diese vier  regieren auch ein anderes Volk, als es Adenauer und Brandt, Schmidt  und Kohl taten. Sie entstammten der Kriegs- und unmittelbaren  Nachkriegsgeneration. Die Popularität Merkels, die Anerkennung für  Steinmeier sind Ausdruck, dass sie ein Land führen, das weitgehend  von derzeit etwas verschreckten Kindern der Wohlstandsgesellschaft  bewohnt wird. Die allgemeine Verachtung für den Versuch des  Aufrechnungswahlkampfs "Dienstwagen-Ulla" gegen "Ackermann-Sause" ist Ausdruck einer neuen Nüchternheit, der Sehnsucht nach Harmonie bei  Emotions-Transferleistungsempfängern. Deshalb ist es, siehe oben,  derzeit nicht sehr unterhaltsam. Wählen zu gehen bleibt Arbeit, kein  Spaß.
  Originaltext:         Rheinische Post Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30621 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30621.rss2
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