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Westdeutsche Zeitung: Spickmich-Urteil = von Peter Kurz

Geschrieben am 23-06-2009

Düsseldorf (ots) - Die Stiftung Warentest vergibt Noten für
Kühlschränke. Zeitungskommentatoren watschen Politiker ab. Heidi Klum
und Dieter Bohlen verschrecken junge Mädchen und semi-talentierte
Sänger mit ihren Bewertungen oder stellen sie bloß. All das geschieht
mit offenem Visier. Wer sich wehren will, weiß, an wen er sich zu
wenden hat. Ganz anders beim Internetforum Spickmich, in dem Schüler
ihre Lehrer bewerten. Da darf im Schutz der Anonymität angeprangert
werden - und jetzt auch noch mit höchstrichterlichem Segen.
Das klingt nach bedenklicher Ausweitung der Meinungsfreiheit zu
Lasten des Persönlichkeitsrechts. Das klingt nach Dammbruch.
Schließlich ist ein ganz ähnliches Projekt längst angedacht: Die AOK
will ihre Versichertern aufrufen, Ärzte im Internet zu bewerten. Die
Ärzte könnten das doch entspannt sehen, meinte kürzlich
Spickmich-Chef Tino Keller. Sein Argument: Gute Ärzte würden durch
Bewertungsportale doch nicht plötzlich zu schlechten Ärzten.
Gewiss nicht, aber ihre Patienten werden abwandern. Und dies ist der
Grund, warum das Spickmich-Urteil eben nicht richtungsweisend sein
wird. Der Bundesgerichtshof hat die klagende Lehrerin auch deswegen
zur Verliererin erklärt, weil die Lehrerbewertung "geringe
Aussagekraft und Eingriffsqualität" hat. In die Alltagssprache
übersetzt heißt das: Lehrer, habt euch mal nicht so. Hinsichtlich
einer Ärztebewertung im Internet, bei der es schnell um
wirtschaftliche Existenzen gehen kann, ist die "Eingriffsqualität"
höher, das Urteil würde anders ausfallen.
Lehrer, habt euch mal nicht so - diesen Appell sollte sich diese
Berufsgruppe zu Herzen nehmen. Dass die Schüler Spickmich nutzen,
zeigt den Bedarf, den sie offensichtlich für die Lehrerbewertung
sehen. Für die Schüler steht schließlich viel auf dem Spiel. Das
Gegenüber entscheidet durch seine Benotung über die Verteilung von
Berufs- und Lebenschancen. Diejenigen, die die anonyme
Internetbefragung kritisieren, könnten diese überflüssig machen.
Indem sie an der einzelnen Schule offensiv mit Fragebögen auf Schüler
und Eltern zugehen. Und das tun, was sie mit ihrer Kommentierung
unter einer Schülerklausur gern selbst einfordern: sich die
Ergebnisse zu Herzen nehmen.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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