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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Parteitag der Linken

Geschrieben am 21-06-2009

Bielefeld (ots) - Der Niederschlag in der Berliner
Max-Schmeling-Halle ist ausgeblieben. Wer schon für dieses Wochenende
die Selbstzerlegung der Linken erwartet hatte, der ist enttäuscht
worden. Doch es bleibt wahrscheinlich, dass dieses Sammelsurium von
Übriggebliebenen, Enttäuschten, Verträumten und Verblendeten eine der
nächsten Gelegenheiten beim Schopfe packen wird. So wie die
Formulierung eines Grundsatzprogramms haben die Roten auch ihren
grundlegenden Zwist nur vertagt.
Einstweilen ist es vor allem Fraktionschef Gregor Gysi gelungen, die
Heißsporne auf den Flügeln der Partei zu beruhigen. Gysi hat das
Wir-Gefühl der Linken wiederbelebt, das der Streit zwischen
Fundamentaloppositionellen und Möchtegernmitregierern zu verschütten
drohte. Seine Appelle an die Solidarität der streitlustigen Genossen
sind am Wochenende gehört worden. Dass die Truppe sie langfristig
beherzigen wird, ist allerdings schwer vorstellbar. Zu weit ist der
Weg von den Geld um sich werfenden Utopien des nun beschlossenen
Wahlprogramms zu den nüchternen Voraussetzungen für eine
Regierungsbeteiligung in Thüringen, im Saarland oder gar im Bund.
Parteichef Oskar Lafontaine hat Gysi, die andere Lichtgestalt seiner
Truppe, beim Berliner Parteitag strahlen lassen, indem er selbst
einmal nicht den Volkstribun gab. Lafontaines langatmiger Rückzug auf
die Ausbreitung vermeintlicher Wirtschaftskompetenz sollte zum einen
eine Lücke füllen, die hartnäckiger Teil der öffentlichen Wahrnehmung
der Linken ist: Mit Geld können die nicht umgehen. Zum anderen ist
der einstige Kurzzeit-Superminister der SPD-Regierung Schröder auch
persönlich seit jeher darauf erpicht, als verständiger Finanzexperte
zu gelten. War er doch als damaliger SPD-Kanzlerkandidat einer der
wenigen, die während der Endphase der DDR vor den hohen Kosten des
eingeschlagenen Weges zur Deutschen Einheit warnten. Dass er damals,
als ihm kaum jemand zuhörte, nicht unrecht hatte, scheint ihn seitdem
anzutreiben. Und so realitätsfremd die Vorschläge, die er unters
Volks bringt, auch sein mögen - zehn Euro Mindestlohn, früherer
Renteneintritt und Millionenerträge durch eine Reichenstrafsteuer zum
Beispiel: Die oberflächliche argumentative Kraft ist dem Populisten,
der sich 1995 mit einer Rede auf dem Mannheimer Parteitag an die
Spitze einer Scharping-müden SPD putschte, nicht abhanden gekommen.
Doch bei seiner alten Partei kann »der Oskar«, wie viele
Sozialdemokraten immer noch sagen, damit nicht mehr landen. Die
autoritäre Machtfülle des neuen Lafontaine bei den Linken ist für
SPD-Parteichef Franz Müntefering sogar das beste Faustpfand beim
Kampf um die Abgrenzung vom Lagermitbewerber. So kann nach diesem
Linken-Parteitag auch Müntefering zufrieden sein. Lafontaine hat zwar
auf seinem Kochtopf den Deckel halten können. Doch die auseinander
strebenden Linken sind alles andere als so sortiert, dass Müntefering
sich fragen lassen müsste, warum er mit denen denn nicht endlich
koalieren wolle.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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