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Südwest Presse: Kommentar zur Papstreise

Geschrieben am 08-05-2009

Ulm (ots) - Elf Mal hat Papst Benedikt XVI. bisher fremde Länder
bereist, seine gestern begonnene Visite dürfte die bedeutendste und
wohl auch heikelste Reise werden - zumindest, was die Tage in Israel
betrifft. Das Heilige Land ist vermintes Terrain - politisch und
religiös. Die vor 15 Jahren mit dem Austausch von Botschaftern
begonnene Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und dem
Vatikan ist mit Sicherheit eines nicht: normal. Und doch ist für
beide Seiten das Gelingen dieser Reise extrem wichtig.
Israel will mit Papst Benedikt sein ramponiertes Image aufpolieren.
Der Gaza-Krieg ist noch nicht vergessen, ebenso wenig der Bomben- und
Phosphorregen auf die dort eingesperrte palästinensische Bevölkerung.
Bilder von verzweifelten Menschen und zerstörten Häusern sollen nun
überblendet werden durch Aufnahmen des katholischen
Kirchenoberhauptes am Felsendom und an der Klagemauer. Daran hat auch
die neue rechtsgerichtete Regierung ein Interesse. Ihr schlägt in
vielen Staaten große Skepsis entgegen.
Aber auch Papst Benedikt kommt nicht unbeschadet. Die Affäre um den
Holocaust-Leugner und Bischof der erzreaktionären Pius-Bruderschaft,
Richard Williamson, hat dem Ansehen des Kirchenführers in der
jüdischen Welt geschadet. Ebenso die Wiederzulassung einer
modifizierten Karfreitagsfürbitte, mit der in manchen Gotteshäusern
um die Erleuchtung der Juden gebetet wird. Auch der Streit über die
Deutung des Wirkens - oder Schweigens - von Papst Pius XII.
(1876-1958), dem die Juden Versagen während des Holocaust vorwerfen,
trägt nicht zur Entspannung bei. Und als ob dieser mit Konflikten
reich gefüllte Reiserucksack nicht schon schwer genug wöge, liegen
auch im Heiligen Land gewichtige Problem-Brocken auf dem Weg.
Die Lage der dort noch verbliebenen rund 170 000 arabischen Christen
ist verzweifelt. Als Minderheit der Minderheit stehen sie unter
mehrfachem Druck. Wie die muslimischen Palästinenser kämpfen sie in
den abgeriegelten Gebieten einen zunehmend aussichtslosen Kampf um
ein menschenwürdiges Leben. Sie werden dabei aber auch noch von ihren
unter Druck stehenden Nachbarn argwöhnisch beäugt. Israel verdächtigt
arabische Christen eines unlösbaren Loyalitätskonflikts - und setzt
auf deren Kapitulation. Immer mehr ziehen weg. Das Heilige Land mit
den wichtigsten Stätten der Christenheit droht zu einem religiösen
Museum zu werden, das verlassen worden ist von seiner ursprünglich
dort lebenden Bevölkerung.
Auch dagegen wehrt sich der Heilige Stuhl. Er wolle ein Signal geben
für die bedrängte Minderheit, sagte Benedikt kurz vor seiner Abreise.
Ermutigung haben die arabischen Christen nötig - und konkrete Hilfe.
Beispielsweise in Form von Schulen und Hospitälern, wie sie die
Kirche dort betreibt. Die Grundlagen für diese Tätigkeiten sind
geregelt, es fehlt an der Umsetzung.
Israel blockiert. Dass die dortige Regierung von der vertraglich
zugesicherten Gleichbehandlung von Schulen oder sozialen
Einrichtungen mit jüdischen Stätten nichts mehr wissen will, belastet
das Verhältnis zum Vatikan. Ebenso die Visapolitik des Staates. Um in
den durch hunderte Checkpoints und die gewaltige Mauer abgetrennten
Gebiete Menschen taufen oder beerdigen zu können, brauchen Geistliche
und Laien eine Reiseerlaubnis. Ihre Gewährung wird mehr und mehr zum
Gnadenakt der israelischen Behörden. Für die Christen in der Region
könnte das zu einer Frage des Überlebens werden.
Es geht bei der Reise des Papstes nicht nur um die Deutung der
Vergangenheit. Für die Christen im Heiligen Land und die katholische
Kirche liegt auch ein gutes Stück Zukunft in der Waagschale.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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