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Berliner Morgenpost: Kommentar: Endlich ein Streit, der Berlin nach vorne bringt

Geschrieben am 21-04-2009

Berlin (ots) - Ja, Berlin braucht Visionen. Und die müssen sich
nicht nach Flächennutzungsplänen richten. Die Debatte, die Klaus
Wowereit mit seinem öffentlichen Sinnieren über eine mögliche
Umgestaltung des historischen Stadtkerns losgetreten hat, kann Berlin
nur gut tun. Der Gedanke ist nicht neu, Wowereits
Kulturstaatssekretär André Schmitz hat in den vergangenen Monaten
immer wieder und recht vehement die Bebauung der eigentümlichen
Freifläche mit dem riesigen Marx-Engels-Denkmal zwischen Rotem
Rathaus und Spreeufer propagiert. Gehört hatten es bis dahin jedoch
nur wenige. Aber natürlich ist Berlins Regierender Bürgermeister ein
sehr effektiver Verstärker, zumal bei der leicht atonalen
Hintergrundmusik, die seinen für viele überraschenden Vorschlag
begleitet - die offenbar ebenfalls überraschte
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer will von einer
Bebauung der alten Mitte nichts wissen und steht nun - und das nicht
zum ersten Mal - reichlich bedröppelt da.
Aber, nein, was Berlin ganz bestimmt nicht braucht, ist weiteres
kleinkariertes Gezänk um Zuständigkeiten und vermeintlich
unumstößliche Beschlüsse. Jede Debatte, die eine Idee dessen
abbildet, wie sich Berlin definieren könnte, die einen weiten Blick
wagt über die hier und da anstehenden einzelnen Baumaßnahmen hinaus,
bringt die Stadt voran. Die durch den Bombenkrieg verursachten
"Narben und Wunden schreien nach Heilung" hat Wowereit gesagt. Man
kann die Narben zeigen, betonen, offen halten, wie es Chipperfield
bei seiner herrlich umstrittenen Neugestaltung des Neuen Museums
getan hat. Mann kann sie weg lasern, glätten und straffen, wie es bei
der möglichst originalgetreuen Rekonstruktion des Stadtschlosses
geschieht. Wie immer man sich dazu verhält, ob man sie verachtet oder
feiert - beide Entwürfe sind große Würfe, die unterschiedliche Ideen
dessen spiegeln, was Berlin sein soll. Und die engagierte, hitzige,
wohltuende Debatten ausgelöst haben. Davon brauchen wir mehr. Und
keine Angst vor vermeintlich abseitigen Ideen. Das von André Schmitz
despektierlich als Brache, "über die im Winter der Wind fegt",
bezeichnete Marx-Engels-Forum ist dafür ein fantastischer Ort:
ursprünglich dicht bebauter Teil eines lebendigen Stadtkerns, im
Krieg zerbombt, in den Achtzigerjahren als quasi sakraler
Marxismus-Park angelegt, ist dieser Ort eben tatsächlich eine
Freifläche. Soll man dort das ursprüngliche Marienviertel historisch
werkgetreu rekonstruieren, wie es die DDR nebenan mit dem
Nikolaiviertel versucht hat? Schicke Townhouses hochziehen? Doch
lieber nur den Park umgestalten, wie es Senatsbaudirektorin Regula
Lüscher will? Oder vielleicht sogar ein modernes
Dienstleistungszentrum für die Bürger bauen? All das darf diskutiert
werden. In ihrer Architektur und ihren inhaltlichen Widmungen
definiert und erklärt sich eine Stadt. Auch die nun entfachte Debatte
um die begrünte Brache in Mitte hilft, eine Gesamtidee für Berlin zu
entwickeln, eine Vision, wie die Stadt sein will in 20, 30, 100
Jahren. Das hat er gut hinbekommen, der Regierende.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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