Berliner Morgenpost: Unbedachte Worte und ihe Nebenwirkungen - Kommentar
Geschrieben am 26-02-2009 |   
 
    Berlin (ots) - Sicherlich kann und darf man über das Urteil  diskutieren. Ist es verhältnismäßig, eine Kassiererin nach mehr als  30 Jahren im Unternehmen zu kündigen, wenn sie Pfandbons im Wert von  1,30 Euro unterschlägt? Das Berliner Landesarbeitsgericht folgte der  Argumentation des Arbeitgebers, der das Vertrauensverhältnis  nachhaltig gestört sah. Wie gesagt, man kann darüber diskutieren.  Sachlich. Aber in der aktuellen Debatte über das Urteil hat sich der  wahrscheinliche Spitzenkandidat der Berliner Sozialdemokraten für die Bundestagswahl, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse, völlig in  der Wortwahl vergriffen. Thierse hatte das Urteil gegen die  Supermarktkassiererin "barbarisch" und "asozial" genannt. Als sei die Entscheidung der Richter nicht aufgrund von juristischen Argumenten  und einer Abwägung des Für und Wider gefällt worden. Damit hat er  einen schweren Fehler begangen. Dabei ist er als Philosoph und Kulturwissenschaftler ein Mann des  Wortes, der auch aufgrund seiner langjährigen politischen Erfahrung  um den Wert der Sprache weiß. Thierse hat allerdings Begriffe  gewählt, mit denen er nicht nur das Urteil kritisiert, sondern  letztlich die Richter beschimpft. Deswegen schaltete sich gestern die Präsidentin des Berliner Landesarbeitsgerichts ein und stellte sich  schützend vor ihre Richterkollegen. Nun ist Thierse auch noch der Vizepräsident des Deutschen Bundestags, was die Angelegenheit eigentlich noch schlimmer macht. Er müsste auch aufgrund seines Amtes vorsichtig mit Kritik an Richtern sein. Denn  die richterliche Unabhängigkeit und die Gewaltenteilung gehören zu  den höchsten Gütern des Rechtsstaats. Aber wir leben in Zeiten, in denen es modern geworden ist,  Einzelfälle zu einer grundsätzlichen Kritik an dem  Gesellschaftssystem zu machen. Hier die armen ausgebeuteten Arbeiter, dort die bösen Kapitalisten, denen die Rendite über alles geht. Die  Linkspartei macht vor, wie billiger Populismus häufig funktioniert. Ja, keine Frage, es gab auch Auswüchse in der Finanzwelt. Hier sollte die Politik eingreifen. Wer allerdings, wie der CSU-Parteichef Horst  Seehofer, auf dem politischen Aschermittwoch in bierseliger Stimmung  die Kassiererin gegen die Banker ausspielt, agiert mit großem Risiko. Denn die Milliarden Euro, die der Staat für marode Banken gibt,  sollen das System stützen, nicht die Banker. Ein solches populistisches Agieren einiger Politiker ist in einer  Wirtschaftskrise wie dieser gefährlich. Dass Thierse gestern Abend  seine Formulierung als "unverhältnismäßige Reaktion auf ein  unverhältnismäßiges Urteil" relativierte, nimmt seine Worte nicht  mehr aus der Welt. Äußerungen wie die von Seehofer und Thierse können ungeahnte Nebenwirkungen haben, deren Folgen beide sicherlich nicht  beabsichtigten. Sie können ein Klima erzeugen, in der die  freiheitlich-demokratische Grundordnung samt ihrer liberalen  Wirtschaftsordnung in Frage gestellt wird.
  Originaltext:         Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
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