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Der Tagesspiegel: Gabriel schont die Industrie beim Klimaschutz

Geschrieben am 20-06-2006

Berlin (ots) - Berlin - Entgegen früheren Ankündigungen will
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) den Ausstoß von
Treibhausgasen in Industriebetrieben in den kommenden fünf Jahren
kaum beschränken. Das geht aus dem Entwurf des "Nationalen
Allokationsplans" (NAP II) für den Europäischen Emissionshandel
hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt. Demnach sollen die vom
EU-System erfassten deutschen Betriebe im Durchschnitt der Jahre 2008
bis 2012 kostenlos Zertifikate für den Ausstoß von 482 Millionen
Tonnen Kohlendioxid pro Jahr erhalten. Das sind drei Millionen Tonnen
weniger als die Abgasmenge, die nach Angaben des Ministeriums 2005
produziert wurde und entspricht einer Kürzung von 0,6 Prozent.
Zudem sollen alle neuen Anlagen mit so vielen Emissionszertifikaten
ausgestattet werden, wie die Betreiber benötigen. Für diesen Zweck
ist jedoch lediglich eine Reserve von zehn Millionen Tonnen jährlich
vorgesehen, während die Stromwirtschaft schon ein Mehrfaches davon
als Bedarf für neue Kohlekraftwerke angemeldet hat. Darum rechnen
Fachleute damit, dass in Deutschland künftig sogar mehr Klimagase mit
staatlich erteilter Lizenz in die Atmosphäre gelangen als bisher.
Um dennoch die gegenüber der EU versprochenen Minderungsziele zu
erreichen, sollen im gleichen Zeitraum in den Sektoren Verkehr und
private Haushalte rund 15 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich
eingespart werden. Allein ein Fünftel dieser Einsparungen soll eine
"Kampagne Neues Fahren" bringen, die Autofahrer zu einem sparsamen
Fahrstil erziehen soll. Der Plan soll kommende Woche im Kabinett
verabschiedet werden. Eine Sprecherin des Ministeriums sagte, sie
könne den Plan nicht kommentieren, da er noch in der
Ressortabstimmung sei. Noch im April hatte Gabriel angekündigt, er
wolle in der zweiten Periode des EU-Emissionshandels "anspruchsvolle
Klimaziele" umsetzen.
Zum Beleg verwies Gabriel auf die Stromwirtschaft, die im Gegensatz
zur übrigen Industrie für 15 Prozent ihres Abgasaustoßes keine
Zertifikate erhalten werde und folglich zukaufen oder Emissionen
einsparen müsse. Doch diese Angabe ist irreführend. Tatsächlich sind
durch Verpflichtungen, die der frühere Wirtschaftsminister Wolfgang
Clement (SPD) durchgesetzt hatte, mehr als ein Drittel aller
Emissionen der Strombranche, vor allem beim Braunkohlekonzern
Vattenfall, von Kürzungen ausgenommen.
Hinzu kommt, dass Gabriel den Bau von Kohlekraftwerken begünstigen
will, indem er neuen Anlagen alle benötigten Zertifikate zuteilen und
sie wiederum für 14 Jahre von allen Kürzungen freistellen will. Nach
der damit zu erwartenden Neubauwelle für Kohlemeiler mit insgesamt
mehr als 15.000 Megawatt Leistung sei "das von der Regierung und der
EU gesetzte langfristige Klimaschutzziel kaum umzusetzen", warnt der
Ökonom Jochen Luhman vom Wuppertal-Institut für Klima, Energie,
Umwelt. Spätestens ab 2020 drohe wegen der dann noch immer relativ
neuen Kohlekraftwerke ein "massiver Konflikt mit der
Stromwirtschaft". Mit diesem Plan verschiebe die Bundesregierung "nur
alle Probleme in die Zukunft", sagt auch der Energieexperte des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Joachim Ziesing.

Die Zitate und Informationen sind bei Nennung der Quelle von
sofort an zur Verwendung frei. Sollten Sie noch Fragen haben, wenden
Sie sich bitte an den Tagesspiegel, Politikredaktion, Telefon:
030/26009-389.

Mit freundlichen Grüßen,

Der Tagesspiegel
Politikredaktion

Originaltext: Der Tagesspiegel
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=2790
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_2790.rss2

Rückfragen bitte an:
Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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