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Berliner Morgenpost: Merkel muss mehr Freiraum wagen

Geschrieben am 26-11-2008

Berlin (ots) - Angela Merkel hat mit der Zauberkraft der
Entschleunigung oft gepunktet. Als etwa eine schlecht beratene CSU in
der bayerischen Landtagswahl mit dem Argument allzu hoher
Benzinpreise die Rückkehr zur Pendlerpauschale forderte, blieb die
Kanzlerin eisern. Die Entwicklung gab ihr recht. Hätte sie
nachgegeben, müsste man mit der damaligen CSU-Begründung die
Pauschale heute wieder abschaffen - so billig ist Sprit inzwischen
geworden.
Aber Entschleunigung darf nicht zur Tatenlosigkeit werden. In der
gestrigen Haushaltsdebatte im Bundestag hielt Merkel an ihrer
Ablehnung sofortiger Steuersenkungen fest. Nicht nur die FDP
protestierte. Auch die CSU hat ein Thema gefunden, wenn sie sich in
dieser Frage deutlich von der Kanzlerin abgrenzt.
Orchestriert wird die lauter werdende Kritik an der Kanzlerin aus
Brüssel: EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso bewirbt ein
200-Milliarden-Euro-Konjunkturprogramm, das vor allem die
Mitgliedsländer finanzieren sollen - nicht zuletzt durch niedrigere
Steuern und Lohnnebenkosten.
Die Skepsis der Kanzlerin gegenüber staatlichen
Investitionsprogrammen ist nachvollziehbar. Eine steuerliche
Entlastung insbesondere des Mittelstands aber ist anders einzuordnen.
Die Angst vor demnächst leeren Staatskassen taugt nicht als
Widerrede. Merkel selbst nämlich wies als Oppositionspolitikerin die
rot-grüne Regierung gern auf die sogenannte Laffer-Kurve hin. Nach
der Theorie des Ökonomen Arthur Laffer können staatliche
Steuereinnahmen gerade durch die Senkung der Steuersätze steigen,
weil "mehr Netto vom Brutto" in den Taschen der Konsumenten die
Nachfrage belebt und die Konjunktur stimuliert. Ronald Reagan bewies
einst die Praxistauglichkeit dieses Modells.
Merkel ist möglicherweise mehr CDU-Vorsitzende als Regierungschefin,
wenn sie stur bleibt und Steuersenkungen erst in der nächsten
Legislaturperiode beschließen möchte. Wie glaubwürdig geriete aber
das Versprechen der Entlastung der Bürger im Wahlkampf, wenn in der
Politik der großen Koalition unter einer CDU-Kanzlerin davon nichts
zu finden ist? Es mag Merkel ärgern, dass ausgerechnet ihr Rivale
Friedrich Merz, der im September die Politik verlässt, seiner Partei
einen Kurswechsel und Steuersenkungen vor der Wahl anempfiehlt.
Falsch wird dieser Rat dadurch nicht.
Die Kanzlerin stimmte gestern einmal mehr die Bürger auf schlechte
Nachrichten im nächsten Jahr ein. Sie verbreitete aber auch
Optimismus: 2010 werde es wieder besser werden. Deutschland sei "sehr
stark", die Unternehmen seien gut gerüstet. Das stimmt. Doch
verstärkt belastet wurde in den vergangenen Jahren der einfache
Steuerzahler. Soll er trotz Krise konsumieren und investieren, muss
Merkel mehr Freiraum für den Bürger wagen. So rasch wie möglich.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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