(Registrieren)

Westdeutsche Zeitung: Pisa-Studie = von Anja Clemens-Smicek

Geschrieben am 18-11-2008

Düsseldorf (ots) - Auf den ersten Blick sind die Ergebnisse der
neuen Pisa-Studie erfreulich: Das deutsche Schulwesen hat endlich zur
Aufholjagd angesetzt und ist inzwischen besser als sein Ruf. Die
meisten Bundesländer müssen den internationalen Vergleich nicht mehr
scheuen. Wer sieben Jahre nach der ersten niederschmetternden
Pisa-Diagnose jedoch einen Sprint an die Weltspitze erwartet hatte,
nimmt die Realität nicht wahr. Immerhin war es die Kultusbürokratie
jahrzehntelang gewohnt, sich im Schneckentempo vorwärts zu bewegen.
Mit den Reformen der vergangenen Jahren hat sie sich einen Kraftakt
abverlangt, den ihr noch Ende der 1990er Jahre niemand zugetraut
hätte.
Auf den zweiten Blick zeigt die Studie aber auch, dass es den
Bundesländern trotz dieses Reformeifers bislang nicht gelungen ist,
den engen Zusammenhang zwischen Schulerfolg und sozialer Herkunft zu
beheben. Arbeiter- und Migrantenkinder sind weiter die Verlierer
unseres Bildungssystems. An dieser Tatsache gibt es nichts zu
beschönigen, genau das sind die unerledigten Hausaufgaben.
Ganz oben auf der Prioritätenliste muss auch das Problem des riesigen
Leistungsgefälles zwischen den Pisa-Gewinnern und -Verlierern stehen.
Der Bildungsföderalismus taugt nichts, wenn er - etwa in den
Naturwissenschaften - Schülern aus Sachsen einen Lernvorsprung von
zwei Jahren gegenüber Gleichaltrigen aus Bremen beschert.
Anstatt endlich die Hausaufgaben zu machen, streiten Politik,
Gewerkschaften und Verbände jedoch in gewohnter Manier um ihre
Pfründe. Dabei könnten sie sich ihre Mantras zum ein-, zwei- oder
dreigliedrigen Schulsystem sparen: Die unterschiedlichen Systeme des
Pisa-Sieger-Quartetts zeigen, dass es keinen Königsweg gibt. Viel
entscheidender bei der Frage nach dem Podestplatz sind stattdessen
der Migrantenanteil in den Klassen und das Betreuungsverhältnis
Lehrer-Schüler. Auf der Suche nach dem besten Bildungssystem sollten
die Länder zuerst für mehr Lehrer und eine bessere Ausstattung an den
Schulen sorgen - flächendeckend und unabhängig von der Schulform. Und
niemand soll sagen, das Geld sei dafür nicht da. Wer über Banken
Milliarden-Rettungsschirme spannt, sollte bei der Zukunft unseres
Landes nicht knausern.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

171361

weitere Artikel:
  • WAZ: Kinder als Opfer - Kommentar von Birgitta Stauber-Klein Essen (ots) - Neulich erzählte ein Thailand-Tourist, das ganze Flugzeug sei voll gewesen mit allein reisenden Männern. Ein Franzose, der schon auf der Hinreise im selben Flieger saß, habe von einer Woche von wilden Partys und Mädchen erzählt. Nun ist nicht jeder allein reisende Mann ein Sextourist. Und nicht jeder Sextourist ist ein Kinderschänder. Doch die Übergänge sind fließend. Viele touristische Hochburgen werden sexuell ausgebeutet. Sextouristen treten die Kultur in Ländern wie den Philippinen oder der Dominikanischen Republik mehr...

  • Lübecker Nachrichten: FDP fordert wegen Pisa-Test Entlassung der Kieler Bildungsministerin Lübeck (ots) - Lübeck - Der FDP-Fraktionschef und Oppositionsführer im Kieler Landtag, Wolfgang Kubicki, fordert wegen der schlechten schleswig-holsteinischen Pisa-Ergebnisse die sofortige Entlassung von SPD-Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave. Das erklärte er gegenüber den Lübecker Nachrichten (Mittwochsausgabe). Erdsiek-Rave trage die persönliche Verantwortung für die Bildungspolitik der letzten zehn Jahre, so Kubicki. Das Resultat sei "ein einziges Desaster". Zwar würden jedes Jahr neue Kraftanstrengungen oder Offensiven verkündet, mehr...

  • WAZ: Prozesse um technische Fehler Grenzen sehen - Leitartikel von Stefan Wette Essen (ots) - Die Suche nach einem Schuldigen, der Ruf nach der Bestrafung der Verantwortlichen: Fast ist es ein Reflex nach jedem größeren technischen Fehler, dem Menschen zum Opfer fallen und nach jedem Beriebsunglück, das Tote fordert. In unserer hoch technisierten Welt sind wir nicht bereit, gewaltige und weniger gewaltige Schäden als vom Schicksal bestimmt hinzunehmen. Und das ist oft richtig, denn nur so werden Verantwortliche an ihre Pflicht erinnert, nur so ist es möglich, dass die Gesellschaft nach festen Regeln lebt. Aber die mehr...

  • WAZ: Lernen ohne Angst ist das Ziel - Pisa-Punkte sind nicht alles - Leitartikel von Sigrid Krause Essen (ots) - Ist Schule heute ein "Angstsystem", in dem schon Drittklässler davor zittern, einen Test zu versemmeln? Weil sie die Angst (der Eltern) quält, sie könnten dereinst das Abitur, den höchsten Schulabschluss, nicht schaffen? Oder ist Schule ein Raum, in dem sich Kinder und ihre Lehrkräfte ohne Furcht miteinander entfalten können? Voneinander lernen, miteinander wachsen? Letzteres sollte Schule sein. Denn Angst blockiert das Denken, Furcht vor dem Versagen tötet jede Kreativität. Kinder, die nur bimsen und "Papageien-Wissen" mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Tiefe Wunden (zu Bad Reichenhall) Mainz (ots) - "So viele Leute haben gepfuscht, aber nur einer wird zur Verantwortung gezogen" - das ist das traurige Resümee eines Vaters, der beim Unglück von Bad Reichenhall zwei Töchter verlor. In der Tat, das Urteil hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack, nicht nur bei den Angehörigen der Opfer. Ist das Gerechtigkeit? Die Antwort ist unbefriedigend, aber es ist die einzig mögliche: Ein Gericht muss sich ausschließlich an die Beweislage halten. Und wenn einem Angeklagten seine Schuld nicht zweifelsfrei nachgewiesen wird, ist er im mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht