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Lausitzer Rundschau: Grüne wählen neue Führung: Partei ohne Bindestrich

Geschrieben am 16-11-2008

Cottbus (ots) - Die Grünen stecken in einer wenig komfortablen
Situation: Ihnen fehlt eine klare Machtperspektive, weil Lafontaines
Linke das Parteiensystem aufmischt und die klassische politische
Farbenlehre zu verschwimmen droht. Deshalb wollen die Ökos erst
einmal grün pur sein und nicht Bindestrich-Grün. Was das bedeuten
kann, hat sich schon im vergangenen Jahr gezeigt. Beim Göttinger
Parteitag wäre die Afghanistan-Politik Joschka Fischers beinah
vollends entsorgt worden. Und beim Nürnberger Parteitag
verabschiedete die Basis mal eben eine 60 Milliarden Euro teure
Grundsicherung. Auch das Erfurter Delegiertentreffen war nicht frei
von Wunsch und Wolke. Dass der ausgewiesene Wirtschaftsexperte Fritz
Kuhn bei der Wahl zum Parteirat scheiterte, zeigt, wie dünn die Luft
für lupenreine Realos bei den Grünen inzwischen geworden ist. Auch
gelang den Führungsleuten nur mit Mühe ein Formelkompromiss, der die
(unrealistische) Gewissheit, den Strom in zwei Jahrzehnten komplett
aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, etwas abschwächte.
Verständlich zwar, dass sich die Grünen bei ihrem Urthema, der
Ökologie, von keinem übertreffen lassen wollen - mittlerweile haben
schließlich alle Parteien den Umweltschutz entdeckt. Wenn
ambitionierte Forderungen jedoch in Fantasterei umschlagen, wird es
für die Grünen gefährlich. Der Wähler nimmt sie nicht mehr ernst. Und
wenn es - egal ob mit Rot, Gelb oder Schwarz - doch zum Regieren
kommt, muss die grüne Basis wieder runter von den Bäumen, was die
Partei schon mehrfach in eine Zerreißprobe getrieben hat. Siehe
Afghanistan oder Atomausstieg.
Reinhard Bütikofer hat es gut verstanden, die Partei in der Balance
zwischen radikalen Ideen und pragmatischer Politik zu halten. Ob sein
Nachfolger Cem Özdemir die Kunst des Vermittelns und Integrierens
beherrscht, muss sich erst erweisen. Als strategischer Kopf ist er
noch nicht aufgefallen. Dafür hat der eloquente Deutschtürke eine
rhetorische Begabung. Und Talkshow-Tauglichkeit ist für das
bevorstehende Superwahljahr schon eine ganze Menge. Die Grünen werden
sie dringend brauchen können. Seit der Abdankung ihres Übervaters
Joschka Fischer fehlt der Partei in der Öffentlichkeit ein
profiliertes Gesicht. Ex-Umweltminister Jürgen Trittin ist einem
breiteren Publikum kaum vermittelbar.
Wenn sich der in Erfurt beschworene Dreiklang aus ökologischer
Verantwortung, sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Impulsen
nicht mit einer unverwechselbaren grünen Persönlichkeit verbindet,
werden die Grünen im Wahlkampfmarathon des nächsten Jahres auf der
Strecke bleiben. Es kann der Partei nicht allein darum gehen,
möglichst viele Atomkraftgegner nach Gorleben zu karren. Sie muss
mehr Menschen dazu bringen, grün zu wählen. Das wird schwer genug.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_47069.rss2

Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de


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