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Berliner Morgenpost: Auch beim Gehalt gibt es Grenzen des Anstands - Kommentar

Geschrieben am 14-11-2008

Berlin (ots) - Natürlich ist die globale Finanzkrise mit ihren
fatalen Folgen nicht entscheidend auf die persönliche Gier und die
mit ihr verbundenen exorbitant hohen Einkommen Einzelner
zurückzuführen. Ihr wahrer Grund ist in Amerika zu finden. Die
US-Finanzaufsicht hat viel zu lange tatenlos geduldet, dass über
Jahre zu viele billige Kredite an zu viele Hauskäufer mit viel zu
wenig Eigenkapital geradezu verschleudert wurden. Wenn sich an diesem
Wochenende die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und
Schwellenländer in Washington zum Weltfinanzgipfel treffen, ist es
dennoch richtig, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Finanzminister Peer Steinbrück auch das Thema Honorierung von
Bankmanagern auf die Tagesordnung setzen wollen. Denn die Aussicht
auf immer höhere Bonus-Zahlungen hat so manchen Banker zweifellos ein
zusätzliches Risiko eingehen lassen.
Das Ansinnen ehrt. Doch ein Erfolg - zumindest im ersten Anlauf - ist
eher unwahrscheinlich. Weil mit gutem nationalem Beispiel voran gehen
sollte, wer weltweit fordert, wird es höchste Zeit, dass sich die
große Koalition endlich auf Richtlinien zur Eingrenzung von
Managergehältern einigt. Dabei geht es nicht etwa um eine Obergrenze
für die Bezüge. Das würde gegen die gesetzlich verbriefte
Vertragsfreiheit verstoßen. Überfällig ist allerdings, Leistung über
das Quartalsdenken hinaus zu honorieren, grobes Missmanagement
andererseits nicht länger folgenlos oder gar mit hohen Abfindungen zu
quittieren. Die Koalitionäre nehmen deshalb aus gutem Grund
insbesondere die Bonus-Zahlungen unter die Lupe. Auch die sollen
nicht in der Höhe begrenzt werden, wohl aber wird zu Recht überlegt,
Vorgaben für die Auszahlung zu machen; Fälligkeit beispielsweise erst
nach einem längeren Zeitraum als bislang möglich. Das hätte den
Effekt, dass kurzfristige Risikogeschäfte an Reiz verlören. Sinnvoll
erscheint zudem die Überlegung, Gehälter, vor allem aber Abfindungen
von Spitzenmanagern nur noch bis zu einer bestimmten Höhe als
Betriebsausgaben anzuerkennen.
Insgesamt hat der Staat aus guten Gründen auch in einer sozialen
Marktwirtschaft nur einen begrenzten Handlungsspielraum. Es ist die
Entscheidung der Eigentümer der Unternehmen, wie sie ihre
Führungskräfte bezahlen. Wohl aber hat eine Regierung das Recht, sich
gegen Exzesse zu wehren. Weil es Grenzen des Akzeptablen und des
Anstands gibt. Werden die gesprengt, sind der soziale Frieden und
damit der Zusammenhalt einer Gesellschaft gefährdet. Deshalb liegt
die eigentliche Verantwortung für eine leistungsgerechte und damit
gesellschaftlich akzeptierte Vergütung nicht etwa beim Staat, sondern
bei den Managern selbst. Der ehrbare Kaufmann, der nicht allein an
sich denkt, darf keine Legende aus längst vergangener Zeit sein.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
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Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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