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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Situation der SPD in Hessen:

Geschrieben am 03-11-2008

Bielefeld (ots) - Die vier hessischen SPD-Landtagsabgeordneten
Dagmar Metzger, Carmen Everts, Silke Tesch und Jürgen Walter haben
gestern ein Lehrstück politischer Kultur abgeliefert und ein
Lehrstück politischer Unkultur abgewendet. Ihr Nein zur Bildung einer
rot-grünen Minderheitsregierung, die sich von der Linken tolerieren
lässt, kam spät, aber nicht zu spät.
Vor allem Dagmar Metzger gebührt Respekt für ihr politisches
Rückgrat. Über Monate hinweg hat sie unbeirrt und allein auf weiter
Flur an ihrer Überzeugung »Nicht mit den Linken« festgehalten. Immer
wieder betonte die 49-Jährige: »Für mich ist in erster Linie meine
Glaubwürdigkeit entscheidend.« Gestern taten es ihr drei
Fraktionskollegen gleich und folgten ihrem Gewissen. Argumente gibt
es reichlich. An erster Stelle Andrea Ypsilantis Wortbruch, dann den
wirtschaftsfernen Tenor des Koalitionsvertrags und die
demokratiefeindlichen Tendenzen innerhalb der Linkspartei.
Den Zeitpunkt des Entschlusses konnte das Trio nur entschuldigen.
Selbstkritisch gestanden Carmen Everts, Silke Tesch und Jürgen Walter
ein, dass sie sehr lange gebraucht hatten, die innere Stimme nicht
nur zu hören, sondern ihr auch zu folgen. Alle drei hatten bis
zuletzt den Eindruck vermittelt mitzumachen, wenn auch
zähneknirschend. Es passt gut ins hessische Polittheater, dass so
quasi ein Wortbruch einen Wortbruch korrigiert.
Doch niemand sollte Ursache und Wirkung verwechseln. Andrea Ypsilanti
ist die Letzte, der Entrüstung ob des gestrigen Geschehens zusteht.
Schließlich hat sie für ein solches Rebellenstück erst den Boden
bereitet. Nun ist sie schon zum zweiten Mal durchgefallen, ohne
überhaupt einmal angetreten zu sein. Nicht wenige sehen darin die
verdiente Quittung für einen politischen Egoismus ungeahnten
Ausmaßes.
Um so befremdlicher wirken die Aussagen des SPD-Vorsitzenden Franz
Müntefering. Schwer vorstellbar ist, dass die Parteispitze die
Entscheidung tatsächlich mit einer »Mischung aus Betroffenheit und
Empörung« aufgenommen hat. »Mit großer Freude und Erleichterung«
hätte es wohl eher heißen müssen. Der alte neue SPD-Chef und der
Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier haben doch nie einen Zweifel
daran gelassen, dass sie den hessischen Weg für einen Irrweg halten.
Sie hatten nur nie den Mut, daraus Konsequenzen zu ziehen und im
Sinne Deutschlands und der SPD Führungsstärke zu beweisen. Jetzt die
vier hessischen Abgeordneten an den Pranger zu stellen, ist ein Akt
politischer Heuchelei.
Auf die hessische SPD kommen nun ganz harte Zeiten zu. Ob die
»Abweichler« Parteiausschlussverfahren zu fürchten haben, spielt
dabei noch die geringste Rolle. Der Landesverband ist zerrissen, und
bald schon könnte es vorgezogene Neuwahlen geben.
Roland Koch hingegen hat gestern seine politische Wiedergeburt
erlebt. Die Zeit des geschäftsführenden CDU-Ministerpräsidenten ist
längst noch nicht abgelaufen, sie beginnt gerade erst.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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