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Berliner Morgenpost: Kommentar der Ausgabe vom 21. Oktober zum Selbstmordanschlag auf Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan

Geschrieben am 20-10-2008

Berlin (ots) - "Ich brauche Unterstützung und Anerkennung, wenn
ich in den Einsatz gehe ... Die Aufmerksamkeit muss vorher da sein,
nicht erst, wenn Tote in Särgen nach Hause gebracht werden." So die
bittere Aussage eines Hauptfeldwebels der Bundeswehr, der 2007 bei
einem Anschlag auf einem Markt im afghanischen Kundus schwer verletzt
worden war. Zwei seiner Kameraden starben damals. Am Montag wurden
durch einen Selbstmordanschlag der Taliban wieder zwei
Bundeswehrsoldaten nahe Kundus getötet. Am selben Tag erschossen
Taliban-Kämpfer hinterrücks die Mitarbeiterin einer christlichen
Hilfsorganisation. Wer noch immer meint, mit Brunnenbohren und
Brückenbauen seien die Taliban zu besiegen und Afghanistan eine
friedliche Zukunft zu bescheren, der sei auch daran erinnert, dass
die mit Abstand meisten zivilen Opfer in Afghanistan von den
Aufständischen getötet werden. Gestern starben bei dem Anschlag gegen
den Bundeswehr-Trupp auch fünf Kinder.
Selbst wenn die genauen Umstände noch zu klären sind, zeigt der
Überfall einmal mehr, wie gefährlich der Auftrag auch der deutschen
Soldaten am Hindukusch ist. Die Soldaten wissen darum. Ausschließlich
Freiwillige sind im Einsatz, und sie wurden für den Ernstfall
ausgebildet. Nur die Politiker, die das Mandat für die riskante, aber
notwendige Mission erteilen, drücken sich um die Realität vor Ort.
Selbst Regierungsmitglieder tun sich schwer, das Wort "Kampfeinsatz"
zu gebrauchen, geschweige denn "Kriegseinsatz", der der Wahrheit weit
näher kommt als alle Wiederaufbau- und Unterstützungsrhetorik. Die
Soldaten, die ihr Leben opfern, damit dem islamistischen Terror der
Nachschub abgeschnitten wird, haben mehr Respekt verdient. Nicht
erst, wenn um sie getrauert werden muss.
Indirekt müssen die Soldaten der Isaf-Schutztruppe auch noch
ausbaden, was in der halbzivilen Polizeiausbildung im Lande bislang
misslingt. Ein Großteil der Verantwortung dafür lastet wiederum auf
der Bundesregierung. Sie hat im Rahmen der internationalen
Aufbauhilfe die Federführung für die Ausbildung der heimischen
Polizei übernommen. Von den versprochenen 50000
Sicherheitskräften ist erst die Hälfte trainiert. Und selbst die
wenig erfolgreich. Die Polizisten haben keine große
Durchsetzungskraft, wegen schlechter Bezahlung gelten viele als
korrupt, und nun wird auch noch bekannt, dass festgenommene Kinder
und Jugendliche Gewalt und Folter ausgesetzt sind. Selbst wenn man
einräumt, dass der Umgang mit Verdächtigen in einem Land, in dem ein
langer Bürgerkrieg tobte und noch immer für ein friedliches
Miteinander gekämpft werden muss, schwerlich mit der Praxis in einem
anerkannten Rechtsstaat zu vergleichen ist - die Bilanz der deutschen
Polizeiausbildung kommt einem Fiasko nah.
Das Gesamtengagement Deutschlands am Hindukusch wirkt insgesamt
halbherzig. Entsprechend bescheiden sind die Fortschritte im Lande.
Das haben die Politiker mit all den auferlegten Selbstbeschränkungen
mit zu verantworten. Nicht die Soldaten und Polizeiausbilder.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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